Von Martin Armstrong für www.ArmstrongEconomics.com, 1. Juni 2017
Kommentar: Nun, Herr Armstrong, vielleicht liegen Sie dieses Mal am Ende doch daneben. Es sieht ganz danach aus, als hätten Ihre Besuche in Brüssel, die einigen aufgefallen sind, doch etwas bewirkt. Es sieht nämlich ganz danach aus, dass Ihre permanenten Warnungen hinsichtlich der fehlerhaften Struktur des Euro gewirkt haben und diese korrigiert werden sollen. Ganz offenbar haben Sie einen Unterschied gemacht. Meine Glückwünsche dazu, dass Sie falsch lagen.
Antwort: Vielleicht. Allerdings haben sie 20 Jahre gebraucht, um bis dahin zu kommen. Ich wette darauf, dass der aktuelle Vorschlag, gemeinsame Anleihen für die Eurozone herauszugeben, nur wieder ein Kompromiss ist, da es noch immer nicht um eine Konsolidierung der Staatsschulden in Europa geht. Dieser neue Kompromissvorschlag der EU Kommission zeigt, dass sie am Ende doch noch zuhören, allerdings nicht aus den Gründen, vor denen ich sie gewarnt habe. Ich würde aber nicht sagen, dass ich falsch lag. Was ich immer gesagt habe war, dass wir nur dann politische Veränderungen sehen werden, wenn der Zusammenbruch kurz bevorsteht. Mein Argument ist, dass es ohne Schmerzen nie zu Veränderungen kommt und es typischerweise mit dem völligen Zusammenbruch einhergeht. Personen, die üblicherweise Regierungen beraten sind in der Regel nichts als billige Laienschauspieler. Der Staat wird nie jemanden zuhören, der will, dass er sich verändert, ohne dass es Schmerzen gibt, die zum Handeln zwingen. Dieses neue Manöver ist nicht das, was es zu sein scheint. Es ist nur eine Notrettung für die EZB.
Die EU Kommission beabsichtigt, Sicherheiten herauszugeben, in denen die Schulden der gesamten Eurozone "gebündelt" werden. Mit anderen Worten handelt es sich dabei um CDO Instrumente für Europa. Der Kompromiss besteht darin, die Schulden zusammenzunehmen und zu versuchen so zu tun, als seien sie als Paket irgendwie mehr wert als ihre Einzelteile. Dieses Produkt soll den Investoren auf dem Markt für europäische Staatsschulden als "Europäische Sicherheitswerte" angeboten werden. Das ist nicht gerade das, was ich von Anfang an vorgeschlagen habe. Mir ging es darum, das sie von Anfang an hätten versuchen müssen, die Staatsschulden abzubauen und weiterhin jedes Mitglied wie auch in den USA eigene Anleihen herausgibt. Aber sie haben sich dazu entschieden, mit der Vorstellung einer Einheitswährung die Vorstellung eines Einheitszinses für alle zu verknüpfen. Ich habe von Beginn an gewarnt, das so etwas nie Realität würde.
Mit diesem Kompromissvorschlag werden die Staatsschulden in mit Wertpapieren unterlegte Sicherheiten umgewandelt (ABS). Mit dieser Bündelung und Umdwandlung der Staatsschulden in Sicherheiten soll die Staatsfinanzierung sichergestellt werden, sobald das EZB Kaufprogramm für Staatsanleihen beendet wird. Draghi hat mit dem Aufkauf von 40% aller Staatsschulden ein riesiges Problem angehäuft. Denn wer wird noch als Käufer auftreten, wenn sich die EZB erst einmal zurückgezogen hat?
Das ist ein Crash und Burn, ein kompletter Zusammenbruch. Die EU Offiziellen hoffen und beten, dass die Maßnahme die Nachfrage für Staatsanleihen der schwächeren Volkswirtschaften der Eurozone ankurbeln wird. Sie hoffen auch darauf, dass sie damit die Reserven der europäischen Banken retten können, die momentan äußerst fragil sind. Damit, so hoffen und beten sie, lassen sich die Risiken in den Portfolios der Banken diversifizieren und gleichzeitig die politischen Probleme im Süden des Kontinents ignorieren.
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Es ist letztlich noch immer nur eine halbherzige Massnahme, die auf die weitere Föderalisierung Europas abzielt, ohne die Schulden konsolidieren zu müssen, da sie befürchten müssen, dass es sonst eine Spaltung zwischen dem Norden und Süden gibt. Wolfgang Schäuble hatte gesagt, dass er nicht mehr länger prinzipiell einer Transferunion entgegensteht, allerdings ist genau dieser ABS Markt nach 2007 fast zum erliegen gekommen, weil es die Krise im Markt für schlechte Kredite gab. Hier soll die selbe Idee, die zur Immobilienkreditkrise führte auf die europäischen Staatsschulden angewandt werden.
Das gefährliche dabei ist, dass sich damit das Gegenteil der ursprünglichen Idee hinter der Einheitswährung entfalten wird. Anfangs wurde die Einheitswährung damit beworben, dass sie zu einem einheitlichen Zins führen würde, wie in den Vereinigten Staaten. Ich warnte, dass das nur für US Bundesanleihen der Fall war, und dass wer den Teppich kurz anhebt sieht, dass die 50 Einzelstaaten jeweils ihre eigene Kreditwürdigkeit haben. Die Ausgabe von ABS ist mit dem Risiko verbunden, dass Länder wie Deutschland (1) nicht mehr länger das Ziel der Kapitalflucht aus anderen Euroländern sein werden, und (2) dass die Zinsrate insgesamt steigen wird, weil die Qualität des Gesamtpakets niedriger ist. Es wird nicht so kommen, dass sich der niedrigste Zinssatz einstellen wird wie man sich das in den 90er Jahren ausmalte, vielmehr werden die Zinsen steigen, um die Risiken von Südeuropa zu reflektieren.
Auch wenn diese EU Initiative geschaffen ist, um sich für die Zeit einzustellen, wenn die EZB mit dem Gelddrucken aufhört, da sie sich damit selbst eine Falle gestellt hat, so bettelt Draghi hinter den Kulissen trotzdem um Hilfe. Sie hoffen und beten, dass sie mit der Maßnahme ein Mittel gefunden haben, um die aufgrund der irrwitzigen Politik entstandenen Risiken der EZB zu entschärfen. Wie ein schlechter Händler hat Draghi immer nur gekauft und sich selbst keine Vorgaben gemacht, wann er damit aufhören soll. Das Risiko, dass die EZB höchstselbst umkippt ist enorm groß.
Die EU Offiziellen scharren noch immer mit ihren Stifeln in Bezug auf Italien und die Fünfsternebewegung. Sollte Italien den Euro verlassen, dann könnte die EZB kollabieren. Die EU ist zuversichtlich, dass Merkel die Bundestagswahlen gewinnen wird. Allerdings machen sie sich noch immer Sorgen um Italien, Griechenland und die Aufspaltung von Spanien. Sollte ein Land davon über Bord gehen, dann werden alle anderen hinterher gehen.
Der Kompromissvorschlag für die Schaffung von ABS Papieren wurde vorgebracht wegen des deutschen Widerstandes gegen Euroanleihen. Sobald die EZB mit dem Gelddrucken aufhört wird sich die Krise zuspitzen, da die Zinsen deutlich steigen werden und das wird die Budgets der Mitgliedsländer jenseits aller Grenzen sprengen. Sie fangen langsam an zu sehen, dass die EZB wegen der steigenden Zinsen bald schon Probleme bekommen könnte, da der Wert der von ihr gehaltenen Anleihen fallen wird wie ein Stein. Ich habe davor gewarnt, dass die EZB die eine Zentralbank ist, die Dank Draghi kollabieren könnte.
Auch die EU Kommission arbeitet derzeit an einem Vorschlag für den Aufbau eines gemeinsamen Budgets für die Eurozone, mit dem die Föderalisierung dann abgeschlossen werden soll. Das Ziel bestand aus ihrer Perspektive immer darin, erst die Währungsunion mit Zement zu verankern und gleichzeitig Blödsinnigkeiten wie den Brexit zu verhindern. Mit der Wahl von Macron zum französischen Präsidenten wurde das Eurozonenbudget daher auf der Prioritätenliste nach oben geschoben. Frankreich aber steckt in Schwierigkeiten. Für Macrons Wahlversprechen ist kein Geld da. Deswegen wird auch dieses Budget nur zu einem weiteren Pflaster werden, mit dem das gescheiterte System zusammengehalten werden soll.
Im Original: The Proposed Euro Bond Issue to Bailout ECB
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