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Donnerstag, 6. April 2017

Warum Frankreichs muslimische Wähler keine Angst vor einem Le Pen Sieg haben


Für www.TheLocal.fr, 5. April 2017

Marine Le Pen, die das islamische Kopftuch verbieten will, könnte einen schockierenden Wahlsieg davontragen, aber das bedeutet nicht, dass Frankreichs muslimische Wähler Angst vor der Kandidaten des rechten Front National haben.

Der Name Marine Le Pen wird regelmässig vom Wort "islamfeindlich" begleitet.

Auch wenn sie ihr Bild bei den muslimischen Wählern zunehmend weich gezeichnet hat, indem sie darauf bestand, dass ihre Religion tatsächlich "kompatibel mit der französischen Republik" sei (was viele in ihrer Partei kritisiert haben), so ist es nicht allzu schwer zu sehen, dass sie den Ruf einer Islamophobin hat.

Einmal beschrieb sie auf der Strasse französischer Städte betende Moslems, denen es an Platz in der Moschee mangelte, mit der Nazibesatzung und schiesst auch regelmässig gegen halal Nahrungsmittel, das Kopftuch, den Burkini und verschiedene andere Aspekte der muslimischen Kultur.

Da Experten sich inzwischen weigern, einen Schocksig von Le Pen auszuschliessen, der sich aufgrund der selben Welle nationalistischen Populismus ereignen könnte, die auch schon Donald Trump ins Amt spülte, möchte man meinen, dass Frankreichs muslimische Gemeinschaft, von denen angenommen wird, dass sie zwischen vier und sechs Millionen umfasst, in heller Panik seien, nun da die Wahl nur Wochen entfernt ist.

Obwohl es zweifellos Bedenken gibt, so gibt es auch Gründe, warum Frankreichs Muslime sich nicht wie verrückt auf das schlimmste vorbereiten.


1. Viele Wähler misstrauen anderen Kandidaten genauso wie Le Pen

Als The Local vor einer Moschee im Nordosten von Paris mit Betenden sprach, hat nicht ein einziger Le Pen herausgepickt und sie als schlimmer als die anderen bezeichnet.

Amadou, 57, sagte, dass er noch immer nicht wisse, wen er wählen solle, aber das er nicht beabsichtigt "gegen" Marine Le Pen zu stimmen.


"Es ist wahr, dass Marine Le Pen eine Islamophobin ist, aber sie alle sind es, wo also ist der Unterschied? Sie ist lediglich jene, die offen darüber spricht, während der Rest der Kandidaten ebenfalls islamophob sind, es aber für sich behalten."

Viele Moslems in Frankreich fühlen, dass die Politiker und Parteien des Landes im gesamten Spektrum verbal auf Moslems einschlagen, um damit Stimmen zu gewinnen.

Während Marine Le Pen sich einen Namen als "islamfeindlich" gemacht hat, so war auch Francois Fillion nicht weniger kritisch, was die Religion betrifft.

"In Frankreich gibt es ein Problem im Zusammenhang mit dem Islam," so Fillon vor kurzem, der ein Buch mit dem Titel "Den islamischen Totalitarismus erobern" schrieb und der die Religion mit administrativen Kontrollen bändigen will.

Amar Lasfar, Präsident der Union islamischer Organisationen in Frankreich (UOIF) hat alle Kandidaten im Rennen scharf angegriffen. Er sagte:

"Sie wissen nichts über den Islam und auch nichts über Moslems."

Die linken Kandidaten Jean-Luc Melenchon und Benoit Hamon würden sich dagegen wehren,wie auch der zentristische Liberale Emmanuel Macron, der Le Pen vor kurzem kritisierte, weil sie "Frankreichs muslimische Wähler in Feinde der Republik verwandeln" würde.

Henni-Moulai aber, Gründer der Internetseite Melting Book, wo er versucht, Minderheitenstimmen in den Medien zu verstärken glaubt, dass Macron früher oder später in die selbe Falle, wie andere Politiker tappen wird. Sie sagte der Nachrichtenseite von Al-Jazeera:

"Das Herziehen über Moslems ist unvermeidlich, insbesondere, wenn man in den Elyeepalast einziehen will."


2. Moslems fühlen sich wie viele andere französiche Wähler einfach nur noch abgehängt

Mohammed Moussaoui, der Präsident der französischen Moscheeunion sagte The Local, dass muslimische Wähler zuerst und vor allem französische Bürger sind wie auch alle anderen Wähler, und das bedeutet im Jahr 2017 die selbe Wut, Apathie und eine Indifferenz gegenüber der Politik, die auch andere Bereiche der Bevölkerung erfasst haben und eben auch in der muslimischen Gemeinschaft vorherrscht.

Im Jahr 2012 stimmten etwa 86 Prozent aller französischen Moslems für Francois Holand und wie andere Wähler von Hollande, vor allem aus der Arbeiterschicht, waren viele enttäuscht wegen des Mangels an Veränderungen.

Letztlich ist die Gefahr durch Le Pen nicht ausreichend, um sie zum wählen zu bewegen und da Frankreich mit der niedrigen Wahlbeteiligung aller Zeiten rechnen muss ist klar, dass die Moslems des Landes nicht die einzigen Abgehängten im Land sind.

An der Moschee im 19. Arrondissement von Paris meinte ein mittelalter Mann namens Ismail, der aus Algerien stammt, gegen über The Local, dass er nicht wählen wird. Er sagte:

"Viele der Menschen hier in der Moschee sind nicht an Politik interessiert. Die Menschen fühlen sich falsch behandelt, sie halten die Politiker alle für Heuchler, warum also sollten sie abstimmen gehen?"


3. Selbst wenn sie gewinnt wird es Leitplanken geben

Sollte Le Pen tatsächlich die selbe Art von polulistischen Schocksieg einfahren, wie es beim Brexit oder bei Trump schon passierte, dann sind sich die Moslems sicher, dass Frankreichs Verfassung und dessen politischen Insitutionen sie davon abhalten werden, dass sie das machen kann, was sie will.

Zum einen wird Le Pens Partei, die aktuell nur zwei Abgeordnete hat, bei den Parlamentswahlen im Juni sehr wahrscheinlich nicht die Mehrheit erlangen und ohne eine Parlamentsmehrheit wird es schwer sein, eine der von ihr geplanten Reformen durchzusetzen, was auch für das Kopftuchverbot an öffentlichen Plätzen für muslimische Frauen gilt. Mohammed Moussaoui von der Moscheeunion sagte The Local:

"Moslems vertrauen wie auch andere französische Bürger in die Institutionen des Landes, die ihre Macht begrenzen werden.

Es gibt den Verfassungsrat, der sicherstellt, dass alle Gesetze im Einklang mit der französischen Verfassung stehen.

Es wird schwer für sie werden als Präsidentin. Sie wird die Fähigkeit brauchen, die Menschen zu vereinen, was aber schwierig werden könnte."

Er wies darauf hin, dass andere Parteien sehr wahrscheinlich keine Koalition mit ihr eingehen würden.

Seine Ansicht wurde vom Algerier Ismael bestätigt, der meinte:

"Selbst wenn sie gewinnt, wird es egal sein. Ich habe keine Angst vor ihr. Warum sollte ich das auch? Es ist nicht so, dass sie dann die Macht hätte, Gesetze zu verändern und den Einwanderern oder Moslems das Leben schwer zu machen. Dafür haben wir die Verfassung und die Nationalversammlung."


4. Le Pen hat erfolgreich ihr Bild aufgeweicht... sogar bei Moslems

Le Pen ist weite Wege gegangen, um das Bild ihrer Partei weich zu zeichnen - die unter ihrem Vater Jean-Marie als Bastion der Rassisten und kolonialen Siedler, die aus Algerien zurückkehrten, galt, sowie von Apologeten des Vichy Regimes, das mit Nazideutschland zusammenarbeitete.

Vor kurzem hat sie darauf hingewiesen, dass sie nicht islamfeindlich sei, sondern islamfeindlich bei Fundamentalismus und Extremismus.

In ihren Bemühungen, ihre Wählbarkeit zu verbessern versuchte sie auch, die Ängste von Moslems zu beschwichtigen, indem sie herausstellte, dass sie fühle, der Islam sei völlig kompatibel mit der französischen Republik, eine Aussage, die bei ihrer Parteibasis nicht allzu gut ankam.

Rachid, ein aus Algerien stammender Mann in seinen 30ern sagte zu The Local:

"Ich bin ein Moslem, aber ich bin nicht gegen Le Pen. Um ehrlich zu sein, ich halte sie nicht für rassistisch - sie ist nur gegen Leute, die Probleme verursachen. Ich denke, es ist egal, ob das Moslems, Flüchtlinge, oder die Roma Gemeinschaft ist... daher versammeln sich auch viele Menschen in Frankreich hinter ihr."


5. Einige Moslems werden tatsächlich Le Pen wählen

Mohammed Moussaoui sagte, die muslimische Gemeinschaft besteht wie ganz Frankreich aus Wählern aller politischer Farben, und es sogar welche gibt, die Marine Le Pen wählen werden.

Laut Le Point haben sich bei der ersten Runde der Wahlen von 2012 etwa 4 Prozent der muslimischen Wähler für Le Pen entschieden, allerdings soll diese Zahl dieses Mal deutlich nach oben springen, da das Stigma um ihre Partei gefallen ist.

Diese Wähler finden den extremistischen Islam und die Sektiererei genauso widerlich wie Le Pen und ihre starken Sprüche, wie sie gegen die Kriminalität vorgehen und den Globalismus vorgehen will kommt bei allen Wählern in armen Randgebieten an, auch Moslems.

Einige muslimische Wähler werden auch von Le Pen angelockt wegen ihres Wunsches, die Schwulenehe wieder abzuschaffen, gegen die im Jahr 2013 viele protestiert haben.

Bei den Regionalwahlen von 2015 ging er Front National ganz besonders auf muslimische Wähler in den armen Vororten von Paris zu. "Wir werden ihnen sagen, dass sie so französisch sind, wie alle anderen," so die Botschaft und Beobachter sagen, der Front National erlaubt jenen Moslems, die sich zuerst und vor allem französisch fühlen, im Gegenzug, ihre Identität auszudrücken.


6. Viele glauben, sie wird nicht gewinnen

Moussaoui sagte:

"Auch wen die Umfagen darauf hindeuten, dass sie die erste Runde gewinnen wird, so heisst es auch, dass sie die zweite verliert.

Wir müssen beide Abstimmungsrunden zusammen betrachten."

Auch wenn kein Analyst ein Le Pen Sieg ausschliessen will, so gibt es Gründe, warum dies sehr unwahrscheinlich ist.


... man sollte aber auch nicht so tun, als wäre niemand beunruhigt

Trotz allem wäre es falsch zu sagen, die muslimische Gemeinschaft wäre nicht besorgt beim Gedanken, dass Marine Le Pen die Macht übernehmen könnte.

Slimane Nadour, Kommunikationsleister der Pariser Großmoschee sagte, die Gemeinschaft sei von der Wahl und der Aussicht eines Le Pen Sieges besorgt.

"Natürlich sind wir heute ein wenig besorgt, da der Front National mit Marine Le Pen sehr stark ist.

Es gibt überall in Europa einen Druck hin zu extrem rechten und xenophoben Parteien, aber vor allem in Franreich und ganz offensichtlich beunruhigt dies die französischen Moslems.

Le Pen sagt 'Nous sommes chez nous' (wir sind zu Hause), aber auch wir sind hier zu Hause. Und wir wollen uns zu Hause fühlen und mit allen gut auskommen und zwar unabhängig von deren Religion oder Glauben."

Die Großmoschee ist bereit, einen noch nie dagewesenen Schritt zu unternehmen, falls es Marine Le Pen wie erwartet wird in die zweite Runde der Wahl schafft.

"Sollte es in der zweiten Runde das Risiko eines Sieges des Front National geben, dann werden wir die französischen Moslems womöglich dazu aufrufen, gegen Le Pen zu stimmen.

Die Menschen zur Abstimmung aufzurufen ist sehr selten die Grande Mosquee hat die Menschen nie zur Wahl eines Kandidaten aufgerufen.

Die Menschen sind derzeit in diesem Klima der Xenophobie und Islamophobie verängstigt."


Hier ein Leserkommentar zum Artikel, geschrieben von einer muslimischen Französin mit dem Pseudonym Elodi:

Nichts davon ist falsch, nehme ich an, aber da ich jeden Tag in der U-Bahn sitze und recht gut Arabisch und Farsi spreche, kann ich versichern, dass es bei weitem beunruhigendere und häufig zu hörende Gründe gibt, warum die muslimischen Wähler beabsichtigen, Le Pen zu unterstützen.

Ein solcher Artikel sollte auch dies abdecken.

Beängstigende Zeiten.


Auf die Bitte eines anderen Lesers auszuführen, was sie meinte, schrieb Elodi:

Nun, fast täglich höre ich vor allem Männer in ihren 20ern, wie sie für Le Pen stimmen wollen, da es ihnen dabei helfen wird, eine Ausrede zu finden, um einen "Krieg" gegen alle nichtmuslimische Dinge, wie Schwulen- und Frauenrechte etc. führen zu können. Ich habe recht viele derartige Internetseiten gesehen, da ich derzeit Rechercheergebnisse für ein Buch übersetze.

Ich nehme an, dass dies nur die Extremen sind und die meisten Gespräche sich nicht unterscheiden werden von anderen jungen Männern.

Für mich als Frau sehr verstörend und sehr, sehr häufig vorkommend ist, dass man vor allem arabische Frauen hört, wie sie über Le Pen als eine Beleidigung für den Islam sprechen, und zwar nicht wegen ihrer Politik (über die es eine Menge Ahnungslosigkeit gibt), sondern einfach nur, weil sie als Frau versucht, in eine Führungsposition zu gelangen.Tatsächlich muss so gut wie jede professionell gekleidete Frau, die in die U-Bahn/den Bus einsteigt, Beleidigungen über sich ergehen lassen. Ich werde mehrmals am Tag als westliche Hure bezeichnet... eine zeitlang fand ich es witzig, ihre Gesichtsausdrücke zu sehen, wenn ich ihnen in ihrer eigenen Sprache geantwortet habe.. allerdings wurde das langweilig.

Darin spiegelt sich meine Mutter wieder, die mir immer sagte, dass das Wissen der Frau um ihre unterwürfige Stellung ein Kernelement der muslimischen Erziehung ist (im Ergebnis stellte sie bei mir sicher, dass es das Gegenteil wurde), und dass verwestlichte Karrierefrauen im Grunde genommen Dreck sind.

Diese Frauen aber werden nicht wählen gehen, da es ihnen verboten ist und sie auch nicht das Recht dazu haben wollen - zumindest sagen sie das in ihrer Sprache.







Im Original: Why France's Muslim voters are not all panicking about a Le Pen victory
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