Unsere Farm ist in großer Gefahr: Ich fürchte, mein alter Freund Rian Malan liegt mit seiner Einschätzung goldrichtig. Von Aidan Hartley für www.Spectator.co.uk, 11. Februar 2017
Mein Urgroßvater Ernest Wise war Ingenieur, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach Südafrika segelte, um Cecil Rhodes Kap-nach-Kairo Eisenbahn zu bauen. Auch wenn das Projekt nie umgesetzt wurde entschied er sich, auf dem Kontinent zu bleiben - und es tat ihm gut. Vor kurzem schickte mir ein Cousin ein Foto von Ernest und seinen sechs Kindern, das in den 1890ern vor seinem Haus in Pretoria aufgenommen wurde. Ernest blickt vergnügt und es scheint fast so, als wolle er mir gleich etwas sagen, 130 Jahre danach noch immer in Afrika. Ich stelle mir vor wie er zu mir meint: "Na, mein Junge - noch immer da?"
Das Wise Familienfoto gehört nun zu einer Sammlung mit Fotos und Gemälden zu Hause auf der Farm in Laikipia, wobei wir damit begannen, diese woanders hin zu verlagern, wo es sicherer ist. Eines der Fotos stammt von meiner Mutter, es ist ein Landschaftsbild, auf dem man unsere alte Familienfarm sehen kann mit dem Kilimanjaro im Hintergrund, die wir während Julius Nyereres Experiment mit dem afrikanischen Sozialismus in den 1960ern verloren haben. Heute, fast 50 Jahre später erinnert mich das, was uns bald blühen könnte, an Oscar Wilde: "Eine Farm zu verlieren kann man als Pech abtun; eine zweite zu verlieren dagegen wirkt wie Achtlosigkeit.." Unsere drei Hunde haben wir bereits in Sicherheit gebracht.
Ende letzten Jahres schrieb ich darüber, wie die Farm von 300 Speermännern mit ihren 10.000 Rindern überfallen wurde. Nachdem sie alles kaputt geschlagen hatten und das Gras gefressen war gingen sie wieder und wir machten uns an die Reparaturen. Bis Heilig Abend waren die von ihnen zerstörten 15 Kilometer Elektrozaun wieder intakt. Wir begannen auch mit neuen Projekten: Ein neuer Damm, eine neue Unterkunft für die Mitarbeiter, eine neue Koppel, umgeben von einer Steinmauer. Das Geheimnis der Landwirtschaft ist, dass man nie still sitzen kann. Man muss weitermachen, wachsen, investieren und Neues probieren.
In der nachfolgenden Zeit aber begann ich Zweifel zu hegen an unseren neuen Projekten, da uns immer mehr bewusst wird, was sich um uns gerade zusasammenbraut. Die Eindringlinge, angeführt von ihren Politikern, haben benachbarte Farmen überrannt. Menschen wurden ermordet. Auf der Farm südlich von unserer haben sie die Touristenunterkunft, Stolz und Freude unserer Nachbarn, einfach so abgefackelt. Während der Feiertage besuchten wir ein Tierreservat nördlich von uns und schauten eine Stunde lang einem Wurf junger Löwen beim spielen zu. Ihre Mutter bemerkte uns erst gar nicht, sondern blickte in den Westen und hielt ängstlich ihre Nase in den Wind. Vierzehn Tage nach unserem Besuch dort wurden sie von Westen aus angegriffen und als der Viehtreibermob, der inzwischen mit Sturmgewehren bewaffnet ist, die Löwenjungen bemerkte, erschossen sie diese. Ebenfalls sterben mussten Elefanten, Büffel und Zebras.
Es geht dabei nicht um Hunger: Sie haben auch eine Giraffe abgeschlachtet - sieben Tonnen Fleisch - und haben ihr lediglich das Schwanzende abgeschnitten, um es als Fliegenklatsche zu verwenden. Auf einer anderen Farm wurden die Besitzer einen ganzen Monat lang beschossen, teilweise ging das mehrere Stunden am Tag. Gleichzeitig haben sie teure Generatoren gestohlen, eine kommerzielle Waldplantage niedergebrannt und preisgekrönte Boranrinder mitgenommen. Was sie nicht mitnehmen können erschiessen sie. Überall verteilt auf der Farm gab es mehrere Häuschen für die Familienmitglieder, allerdings mussten sie wegen der Schiessereien die abgelegenen Häuser verlassen und alle zusammen in eine besser verteidigbare Ecke der Farm ziehen. Während der Evakuierung blieben zwei der Hunde in einem der Häuschen zurück. Als die Besitzer in der Lage war, mit der Polizei dorthin zurückzukehren lagen beide Hunde in einer Lache Blut, aber immer noch am leben. Sie hatten sie angeschossen, aber verschont. Der Besitzer musste sie erschiessen.
In Nairobi meinen einige, wie seien "hysterisch", dass unsere Geschichten über ein paar wenige "isolierte Einzelfälle" übertrieben seien. Einige ergötzen sich an der Vorstellung, dass wir weißen Farmer lediglich die wohlverdiente Revanche erhalten, nachdem wir das Land stahlen und uns seit der Kolonialzeit wie Arschlöcher benehmen. Die Wahrheit aber ist, ich habe mein Land vor 15 Jahren gekauft - und es gibt eine Menge schwarzer Farmer, die genauso angegriffen und ausgeraubt werden. Ich denke aber, die meisten Menschen haben Mitleid mit uns. Ich vermute, dass auch sie besorgt darüber sind, was das für Kenia heisst, wo in einigen Monaten Parlamentswahlen stattfinden werden.
Letztens erhielt ich eine E-Mail von meinem alten Freund Rian Malan, der mir aus der Nähe von Pretoria schrieb, wo Urgroßvater Wise einst lebte. Rian drückt mir darin sein Beileid aus und meint, dass wir überall auf der Welt in einer Zeit leben, in der es "dieses ungute Gefühl in Jedermanns Magengrube gibt, dass bald die Scheisse kommt.."
Das ist wohl wahr, mein Bruder.
Im Original: ‘There is an uneasy feeling in the pit of average stomachs that trouble is coming...’