Von Lee Roden für www.TheLocal.se, 19. Mai 2017
Die einwanderungskritischen Schwedendemokraten (SD) hatten diese Woche einen Grund zum feiern, da der Politiker der Moderaten Partei Patrick Reslow zu ihnen übergelaufen ist und sie dies als eine große Verstärkung für ihre Reihen feierten. Was aber bedeutet dies wirklich für die beien Parteien und welchen Einfluss wird dies haben? The Local sprach mit schwedischen Politikexperten, um dies näher zu beleuchten.
Diese Woche kündigte Reslow bei einer Pressekonferenz mit Jimmie Akesson an, dass er nach 34 Jahren Parteimitgliedschaft die Moderaten für die SD verlassen würde. Er ist seit 2010 Abgeordneter und sagte, er sei unglücklich mit dem (nun nicht mehr bestehenden) "Dezemberabkommen", das die Oppositionsallianz 2014 mit der schwedischen Regierung einging, um zu verhindern, dass die SD im Reichstag zum Zünglein an der Waage wird.
Die Moderaten zeichnen dagegen ein anderes Bild und sagen, dass er ging, weil er auf der Parteiliste für die Reichstagswahl 2018 eine höhere Position für sich wollte. Für die schwedischen Reichstagswahlen wird ein Parteilistenverfahren angewandt, bei dem die Wähler einen bestimmten Kandidaten auf der Liste auswählen können, oder aber sie können sich gegen einen bestimmten Politiker entscheiden und für eine Partei, wobei dann die Kandidaten auf deren Parteiliste relevant wird.
Laut der Politikwissenschaftlerin Li Bennich-Björkman von der Universität von Uppsala zeigt Reslows Entscheidung, dass sich in einigen Bereichen der Gesellschaft die Einstellung gegenüber der SD verändert. Sie sagte zu The Local:
"Es zeigt, dass die SD in einer ganz anderen Weise zur Alternative für die Moderaten wure, und dass sie bei der Einwanderungspolitik heute recht nahe beieinander liegen.
Es zeigt auch, dass die SD allgemein eine breitere Akzeptanz hat und man mit ihnen rechnen muss, was davor nicht der Fall war. In der Vergangenheit wäre das ein ziemlicher Aufreger gewesen."
Im Januar brachen die Moderaten ein lange bestehendes Tabu, als sie die Türe zur Kooperation mit der SD öffnete, was in der mitterechten Oppositionsallianz einen Riss erzeugte.
Tatsächlich hat der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven sofort versucht, Reslows Wechsel so hinzustellen, dass die Moderaten immer mehr wie die SD werden, und sagte der Nachrichtenagentur TT, dass es sich dabei um eine "Anerkennung dessen ist, dass die Moderaten damit begannen, die SD immer weiter zu normalisieren" und dass es der Wunsch der SD ist, "ihre Prägung und Herkunft weißzuwaschen, da sie eine Partei mit Naziwurzeln sind, eine rassistische Partei".
Der Politikwissenschaftsprofessor von der Lund Universität Anders Sannerstedt, ein Experte der SD, dagegen war vorsichtig, als er von The Local gefragt wurde, ob er darin übereinstimmt, dass die beiden Parteien sich zunehmend ähneln. Er merkte an:
"Ich würde nicht sagen, dass sich die Moderaten und die SD ähneln, allerdings kann man vielleicht sagen, dass der Abstand zwischen den beiden geringer wurde. Die Moderaten haben seit der Zeit (des ehemaligen Ministerpräsidenten) Reinfeldt ihre Einwanderungs- und Asylpolitik verändert, was teilweise auf die große Anzahl an Flüchtlingen im Herbst 2015 zurückzuführen ist. Dazu liess (Anna) Kinberg Batra vermuten, dass sie sich eine von der SD tolerierte Minderheitsregierung der Allianz vorstellen kann."
Der SD Chef Akesson hob den Wechsel von Reslow bei der Pressekonferenz verständlicherweise hervor, er nannte ihn eine "große Verstärkung" und sagte, er hofft auf weitere. Sannerstedt aber ist skeptisch, wie wichtig der Wechsel wirklich ist und verweist dazu auf Beispiele aus der Vergangenheit:
"Es ist selten, dass die Wähler auf einen Parteiwechsel reagieren. Das wird den Moderaten nicht notwendigerweise schaden, vor allem, da Reslow nicht wirklich bekannt ist und innerhalb der Partei keine starke Stellung hatte.
Tatsache ist, dass dies auch vor 15 Jahren schon einmal passierte, als Sten Andersson, ein älterer Moderater aus Malmö zur SD wechselte. Allerdings war er in der Partei weit besser bekannt als Reslo."
Die beiden Politikanalysten sind sich allerdings einig darin, dass die Nachricht zur allgemeinen Stimmung passt, wonach die Moderaten aktuell zerstritten sind, und wovon andere Parteien Nutzen ziehen können. Kinberg-Batras Partei schnitt in den letzten Monaten bei Umfragen schlecht ab, während eine andere Partei der Oppositionsallianz, die Zentrumspartei, hinzugewinnt. Sannerstedt bemerkte:
"Es trägt zum Eindruck bei, dass bei den Moderaten ein Durcheinander herrscht. Davon könnte möglicherweise die Zentrumspartei profitieren."
Bennich-Björkman schlussfolgerte:
"Klar ist, dass die Zentrumspartei von der Öffnung der Moderaten gegenüber der SD gewonnen hat: Sie werden sowohl um die Sympathien von Moderaten Wählern werben müssen, als auch enttäuschten Wählern der Grünen."
Im Original: Analysis: How significant is Moderate MP's defection to Sweden Democrats?