Dunkelami oder Hellami? Die Haare deuten auf letzteres... |
Mit Donald Trump als Amerikas 45. Präsidenten wird 2017 zum Markstein für den Beginn einer neuen und düsteren globalen Ordnung. Von Zanny Minton Beddoes für www.Economist.com
Anführer
Für Liberale war 2016 ein übles Jahr. Eine Welle aus populistischer Wut schwappte durch den Westen, was erst die Briten dazu führte, sich von der Europäischen Union scheiden zu lassen und dann die Amerikaner dazu brachte, einen Immobilienmagnaten zu ihrem 45. Präsidenten zu wählen, der nicht nur über keinerlei Regierungserfahrung verfügt, sondern auch den spalterischsten und hässlichsten Wahlkampf in Amerikas Geschichte führte. In nur wenigen Monaten zeigten die Wähler auf beiden Seiten des Atlantiks ihrem politischen Establishment, wie sehr sie diese ablehnen; sie haben den Graben der westlichen Politik verschoben von links gegen rechts hin zu offen gegen geschlossen; und sie haben für einen kollektiven Aufschrei des Widerspruchs gegen die Globalisierung gesorgt und verlangen das Ende eines manipulierten Systems, das nur den an sich selbst denkenden Eliten nutzt. Das sind die Schüsse in den Torso der liberalen Weltordnung. Wie ernst es aber wirklich ist wird sich erst im Jahr 2017 zeigen.
Am wichtigsten wird sein, als welche Art sich Präsident Donald Trump entpuppen wird. Nimmt man das von ihm vor und während des Wahlkampfes gesagte wörtlich, dann ist der Ausblick düster. Herr Trump ist seit langem schon ein Wirtschaftsnationalist, ein Mann, der glaubt, dass der Freihandel Amerikas Wirtschaft ruiniert hat, der Zweifel an Amerikas Verpflichtungen gegenüber seinen Verbündeten geäußert hat, und der zum Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko aufgerufen hat, sowie zu Begrenzungen bei muslimischen Einwanderern.
Auch wenn es unwahrscheinlich wirkt, dass Präsident Trump seine gesamte illiberale Agenda durchziehen wird, so wird einiges davon überleben. Seine Wähler scheinen ihrem Kandidaten Trump eine Menge Gestaltungsspielraum eingeräumt zu haben, da sie weniger interessiert zu sein scheinen in politischen Details, als in der Grundaussage seiner Botschaft. Sobald er eingeschwört ist wird der Bestfall darin bestehen, dass er seine wirtschaftspolitischen Pläne umsetzt, minus den Protektionismus. Umfangreiche Steuerkürzungen in Verbindung mit einer Ausgabenerhöhung von der Infrastruktur bis hin zur Verteidigung würde Amerikas Budget langfristig nutzen. Kurzfristig aber müsste der Volkswirtschaft Adrenalin induziert werden. Das könnte genügen, um den Protektionismus minimal zu halten, der sich auf ein paar Zugeständnisse auf Anti-Dumping Zölle beschränken könnte. Im Ergebnis käme ein Rezept zustande, das dem von Ronald Reagan gleichen würde, einem Mann, dem die Welt alarmiert zusah, als er in den 1980ern zum Sieg stürmte.
Aber selbst in diesem Bestfallszenario würde eine Trump Präsidentschaft die offene Weltordnung in Mitleidenschaft ziehen. Die Transpazifische Partnerschaft (TTP), das größte Handelsabkommen seit Jahren ist tot. Die Zusagen von der Pariser Klimawandelkonferenz werden wahrscheinlich nicht eingehalten. Auch das Atomabkommen mit dem Iran könnte verdorren. Und schaut man sich den Bestfall genauer an, dann sieht man, dass er unwahrscheinlich ist. Als geborener Optimist glaubt man, Amerika sei diese glitzernde Stadt auf dem Hügel. Herr Trump dagegen dagegen beruft sich eher auf Wut und Spaltung. Da die Republikaner nun beide Kongresskammern kontrollieren werden seine Unterstützer mindestens davon ausgehen, dass Barrikaden aufgestellt werden, dass illegale Einwanderer abgeschoben und ausschliesslich Stockkonservative für den Obersten Gerichtshof nominiert werden. Amerika wird sich nur noch im sich selbst drehen.
Im globalen Kontext werden Autoritäre gleichzeitig Morgenluft schnuppern und sie werden darauf aus sein zu testen, inwieweit man Amerikas Introvertiertheit ausnutzen kann. In China wird Xi Jiping, der heute schon der mächtigste chinesische Anführer seit Den Xiaoping ist, den Fünfjahreskongress der kommunistischen Partei dazu nutzen, seinen autokratischen Einfluss zu zementieren. Er wird wenig Zeit verlieren beim Füllen der kleinen geostrategischen Lücke, die das Scheitern von TTP hinterlassen hat. In Russland sonnt sich Wladimir Putin in Herrn Trumps Aufmerksamkeit, wird aber seine Verwundbarkeit zu Hause mit außenpolitischer Aggression überdecken. Man sollte besser nicht erwarten, dass er aufhören wird zu versuchen, die Ukraine und den Rest von Russlands "nächster Nachbarschaft" zu destabilisieren.
Mit Herrn Trumps Sieg als Rückenwind wird Europas populistischer Widerstand für 2017 nur noch heftiger ausfallen. Sowohl in den Niederlanden als auch in Frankreich werden rechte Parteien in den Wahlen zulegen und könnten in Deutschland - es wäre das erste Mal in der Nachkriegsära - in das Parlament kommen. In dieser Wahlperiode der Wut wird die europäische Politik dominiert werden von Angstmacherei vor den Gefahren der Migration, den Übeln von Handelsabkommen und den Ruchlosigkeiten der Europäischen Union.
Weitere Terroranschläge, etwas das nur zu wahrscheinlich ist, würden die Stimmung noch weiter drücken. Selbiges gilt auch für finanzielle Schocks: Eine Fiskalkrise in Portugal und das Aufflackern von Italiens chronischen Bankenproblemen sind wahrscheinlich. In so einem fiebrigen Umfeld werden die Brexitverhandlungen zäh verlaufen, sie werden kompliziert werden und zynisch.
Das Licht am Ende des Tunnels
Es sieht also aus, als kommt ein dunkles Jahr. Liberale sollten beunruhigt sein. Diese Dunkelheit wird aber nicht ewig anhalten. Die populistische und isolationistische Politik wird sich irgendwann selbst diskreditieren, da ihre Konsequenzen desaströs sind. Es ist eine grausame Ironie, dass sich Lateinamerika - eine Region, die am meisten verknüpft wird mit einem Widerstand gegen liberale und offene Volkswirtschaften - wieder einmal in die liberalere Richtung neigt. Nachdem sie dort die Enttäuschungen genossen haben, die der Populismus mit sich bringt, haben es die Lateinamerikaner verständlicherweise satt.
Die Gefahr besteht, dass dieser Wutanfall westlichen Ethnozentrismus sich intensivieren wird und von tieferen Kräften getrieben wird. Die Technologie formt globale Verbindungen, und das unabhängig von den Widerständen gegen Migration oder Handel. Studenten studieren über das Internet an ausländischen Universitäten; Kleinunternehmen exportieren ihre Produkte über Onlinemärkte; Menschen chatten und teilen Nachrichten auf weltweit vernetzten Sozialen Medienplattformen. Jüngere Wähler sind angesichts dieser digitalen Möglichkeiten, die ihnen die Globalisierung bietet bei weitem offener als ihre Eltern; sie stimmten gegen den Brexit und auch gegen Herrn Trump.
Die Frage ist nicht, ob die Welt der Offenheit den Rücken zuwenden wird, sondern wie schnell - und auch wie viel - Schaden in der Zwischenzeit angerichtet wird. Die Antwort auf diese Frage hängt vor allem von einem Mann ab: Donald J. Trump.
Im Original: Planet Trump