Von Alexander Meyaev für www.StrategicCulture.org, 17. März 2017
Seit Mitte Februar hat sich die innenpolitische Lage von Südafrika weiter verschärft. Während der jährlichen Ansprache durch Südafrikas Präsident Jacob Zuma vor dem Parlament, haben die wichtigsten Oppositionsparteien, vor allem die demokratische Allianz (DA) und die Economic Freedom Fighters (EFF) für Tumulte gesorgt und die präsidiale Ansprache um eine Stunde verzögert. Aus Sicherheitsgründen wurde das Parlamentsgebäude umstellt, im Unterschied zu letztem Jahr aber nicht von Polizisten, sondern von Soldaten.
Die Oppositionsparteien wissen, dass sie nicht in der Lage sind, die Macht auf demokratischen Weg zu übernehmen, daher liegt ihr einziger Weg in der weiteren Destabilisierung der Lage im Land. Genau gesagt bedeutet dies das Provizieren von Blutvergissen, um in dessen Folge einen Regime Change durchzusetzen. Das Vorgehen der Parlamentsfraktion der EFF - das Beleidigen des Präsidenten oder des Parlamentssprechers und das Verhalten wie Clowns - schien auf den ersten Blick nur eine gewöhnliche Störerei zu sein. Tatsächlich aber war die Taktik darauf angelegt, unterschiedliche Bevölkerungsteile gegeneinander aufzuhetzen, um Ausschreitungen zu provozieren und damit Tote. Gleichzeitig hat die EFF nichts dafür getan, um ihre erklärten Ziele in der Legislative zu erreichen. Einer der wichtigsten Punkte in ihrem politischen Programm ist die Verstaatlichung von Land ohne Kompensation, als die EFF allerdings mit ihren Tumulten begannen, wurde vom Afrikanischen Nationalkongress (ANC) ein entsprechendes Verstaatlichungsgesetz ins Parlament eingebracht. Die Initiative der regierenden Partei führte zu nur noch heftigeren Angriffen gegen die DA, welche die Interessen des lokalen und internationalen Kapitals vertritt.
Am 22. Februar urteilte das Oberste Gericht von Nord Gauteng in einem Fall zugunsten der DA, wonach Südafrikas Rückzug aus dem Romstatut des Internationalen Strafgerichtshof (ICC) "verfassungswidrig und damit nichtig" ist. Dazu ordnete das Gericht Präsident Zuma an, die Rückzugserklärung wieder zurückzunehmen. Im Angesicht der Wirren des kürzlichen Putsches in Gambia wirken die Ereignisse in Südafrika wie ein Versuch, mit Hilfe des Anzettelns von Unruhen die Regierung dazu zu bringen mit Gewalt gegen "friedliche Protestierer" vorzugehen, um damit eine Ermittlung durch den ICC zu ermöglichen.
Die Gefahr der Pogromen von letztem Jahr gegen "Ausländer" kam in Form von Vergeltung wieder zurück. Am 24. Februar kam es in einer Reihe von Städten, darunter der Hauptstadt zu Großdemonstrationen gegen Einwanderer, die dann eine eigene Demonstration abhielten. Gewalt war dabei unausweichlich. Die Situation wurde recht gut zusammengefasst vom Anführer der simbabwischen Exilgemeinde Südafrikas:
"Unseres Erachtens waren die xenophoben Übergriffe gut koordiniert und politisch motiviert. Die Oppositionsparteien, die gegen die ANC Regierung kämpfen wollen Südafrika unregierbar machen ud daher mobilisieren sie ganze Gruppen, um Ausländer zu attackieren."
Hinter diesem Bild verbirgt sich der offene Wunsch, die Regierungspläne von Präsident Jacob Zuma zu durchkreuzen, die er vor dem Parlament verkündete. Diese Pläne beinhalten Zusätze zum Minengesetz, wobei der Staat das Recht erhalten soll, seine Souveränität über alle mineralischen Rohstoffe des Landes auszuüben, um das rassische Ungleichgewicht in der Minenindustrie des Landes zu behebe. Gegenwärtig befinden sich fast alle der großen Minenunternehmen in der Hand von transnationalen Unternehmen (das Schürfen von Diamanten befindet sich in den Händen von De Beers, die sich in Besitz von Ango America plc befindet und die Platinminen werden von Anglo Platinum Limited beherrscht, einem Teil von Anglo American Platinum Ltd, die sich ebenfalls im Besitz von Anglo American plc befindet). Die Regierung plant direkte Staatseingriffe in diesem Wirtschaftssektor. Ein Gesetz zu dieser Angelegenheit wird dem Parlament noch in diesem Jahr vorgelegt.
Es gibt noch weitere Vorhaben. Für Südafrikas Landwirtschaftssektor wird ein interessantes Programm für kollektive Landwirtschaftsbetriebe ausgearbeitet. Der Bau von kostenlosen Häusern wird weitergehen - über vier Millionen Familien erhielten dadurch bereits ein Haus. Neun Millionen Haushalte, die davor nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen waren, verfügen inzwischen über einen Anschluss. Lediglich zwei der sechs Millionen Arbeitsplätze, welche die Regierung bis März 2019 schaffen wollte wurden bislang geschaffen, aber es ist immerhin ein Fortschritt. Insgesamt erhalten 17 Millionen Personen, fast ein Drittel der Bevölkerung, soziale Unterstützung von der Regierung.
Hinzu kommt, dass die Regierung auf die letztjährigen Massenproteste durch Studenten wegen der Anhebung der Studiengebühren reagierte und 32 Milliarden Rand für den Bildungssektor abstellte. Damit wird das Problem nicht vollständig gelöst, aber es wird den weniger gut dastehenden erlauben, ihr Studium fortzusetzen.
Die mutigen von Präsident Jacob Zuma im sozialen und wirtschaftlichen Bereich unternommenen Schritte werden vom panafrikanischen Blick der südafrikanischen Außenpolitik verstärkt. Gute Beispiele dafür sind die Pläne für das Erschaffen einer panafrikanischen Freihandelszone durch die Verschmelzung dreier regionaler Organisationen - der südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC), dem gemeinsamen Markt für Ost- und und das südliche Afrika (COMESA) und die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) - sowie durch Südafrikas Teilnahme an Friedensoperationen in Lesotho, der demokratischen Republik Konto, Burundi, Mosambique, dem Südsudan, Libyen und Somalia.
Das Parteitagstreffen des regierenden ANC soll Ende 2017 stattfinden. Der ANC wird dabei eine neue Führung wählen und indirekt auch den wahrscheinlichen nächsten Präsidenten des Landes (falls der ANC die Parlamentswahlen gewinnt). Der bei dieser politischen Herausforderung gefahrene Ansatz, sowie die Entschlossenheit von Südafrikas Regierung, den gesetzten Kurs fortzusetzen, verstärkt immer mehr die Befürchtungen bei all jenen, die den gegenwärtigen Kurs als eine Bedrohung für ihre jahrhundertealten Positionen sehen - Positionen, die nicht mehr länger ganz so unerschütterlich scheinen.
Im Original: Why is South Africa Being Stirred Up