Naiv? Dumm? Kriminell? Oder alles davon? |
Vom Augenblick der Gründung im Jahr 2015 an wurde die britische Hilfsorganisation Care4Calais von einer Welle der Hilfsbereitschaft getragen und zum Magneten für all jene, die entschlossen waren, das Leid der in Nordfrankreich gestrandeten Flüchtlinge zu lindern.
Auch diese Woche fanden sich Freiwillige ein vor dem sonst sehr geschäftigen Lager der Organisation nahe Sangatte in Calais, allerdings ist das angemietete Gebäude - das noch immer voller Säcke mit Spenden von gutherzigen Briten ist - so gut wie verlassen.
An der Türe hängt ein Schild auf dem steht, dass die "vor Ort" Aktivitäten ausgesetzt wurden.
Nur, was ist der Grund für das Aussetzen der dringend benötigten humanitären Arbeit? Laut einer Stellungnahme auf der Internetseite der Organisation gab es ein "dringendes Sicherheitsproblem in Verbindung mit einem ehemaligen Freiwilligen".
Wie die Daily Mail aber enthüllen kann ist die Geschichte hinter dieser vorübergehenden Schliessung der kontroversen Hilfsorganisation bei weitem verstörender als die Stellungnahme vermuten lässt. Bei dem Freiwilligen handelt es sich um Mohamed Bajjar, einen 28 Jahre alten Tunesier, der wie wir dieses Jahr bereits enthüllen konnten eine ein Jahr dauernde Affäre mit der verheirateten 46 Jahre alten Gründerin von Care4Calais Clare Moseley hatte - ausgerechnet jene Hilfschefin, die ihren Mitarbeitern eine strikte "kein Sex mit Flüchtlingen" Auflage machte.
Die Beziehung der beiden ging Ende 2016 im Streit auseinander, nachdem das Gerücht aufkam, dass Bajjar, der sich regelmässig als syrischer Flüchtling namens "Kimo" ausgab und von der Organisation als Übersetzer und Sicherheitswache beschäftigt wurde versuchte, Frau Moseley um tausende Pfund zu betrügen.
Wie die Mail erfahren konnte war es Bajjar, der am 14. Juni in das Lager von Care4Calais einbrach und aus Rache gegen Frau Moseley Benzin um das Gebäude herum vergoss mit der Absicht alles abzufackeln. Seine Wut auf seine Exgeliebte saß offenbar tief. Vor dem gescheiterten Attentat schrieb er eine SMS an einen Freund mit einer verstörenden Botschaft, die der Daily Mail vorliegt:
"Ich werde sie am Ende einfach umbringen und ihr das Leben nehmen. Ich bin wirklich bereit es durchzuziehen, weil ich sie mehr liebe als alles auf der Welt."
Zum Glück konnte er aufgehalten werden, bevor er das Benzin anzündete.
Morgan Schuppe, 29, dessen Familie das Lagerhaus gehört sagte:
"Kimo kam alleine her und war offenbar ziemlich erregt. Er trug Benzinkanister bei sich und schüttete es überall auf das Lagerhaus.
Er brüllte rum, dass er das Lager in Brand setzen würde. Er sagte, er wolle 'alle töten', die etwas mit der Hilfsorganisation zu tun haben und er war besonders wütend auf Clare."
Als er im Lager drin war stahl Bajjar Schlüssel und etwa 30 Handys, die der Organisation gehörten. Herr Schuppe sagte:
"Ich war da gerade bei den Hilfsarbeitern.
Wir waren völlig verängstigt. Ich versuchte mit ihm zu reden. Sein Atem roch nach Alkohol. Er war offenbar betrunken und außer sich vor Wut. Er sagte, er müsse etwas mit Clare bereinigen."
Herr Schuppe kannte "Kimo" von seiner Zeit, als er für die Organisation arbeitete, meinte aber, er habe sich "komplett verändert".
"Er war in einem furchtbaren Zustand. Ich rief die Polizei an und als sie ankamen mussten sie ihm Handschellen anlegen. Kimo wurde abgeführt und sitzt in Calais in Haft. Die Polizei konnte mir nicht sagen, was jetzt mit ihm passiert. Wir haben Angst, dass er zurückkommen könnte. Wir haben viel Geld ausgegeben, um die Schlösser zu wechseln und die Türen zu verstärken."
Morgans Onkel Michael Schuppe, dem das Lagerhaus gehört fügte an:
"Wir werden unseren Vertrag mit der Organisation womöglich überdenken."
Wähend von Bajjar angenommen wird, dass er sich in Calais in Haft befindet reist Frau Moseley, deren Ehemann Ben, 39, in Manchester bei Deloitte ein Partner für Unternehmenssteuernvon ist, durch die USA.
In der Stellungsnahme zur Schliessung von Care4Calais hiess es:
"Unsere Gründerin und Chefin wird aus gesundheitlichen Gründen und anderer privater Angelegenheiten einige Wochen abwesend sein."
Mit diesem hässlichen Zwischenfall gab es bei Care4Calais erneut einen schwer rufschädigenden Skandal, einer, der aufgrund von Frau Moseleys Privatleben einen Schatten auf die Freiwilligenarbeit werfen könnte.
Mit dem Fall wird auch ein verstörendes Licht auf die Grenzsicherheit geworfen und das zu einer Zeit, in der die Gefahr für Terroranschläge noch nie so groß war.
In den sechs Monaten, seit seine Affäre mit Frau Moseley endete reiste Bajjar nämlich mit einer schockierenden Leichtigkeit zwischen Großbritannien und Frankreich hin und her, und zwar indem er sich eine weitere leichtgläubige Frewilligenhelferin anlächelte.
Die Daily Mail konnte in Erfahrung bringen, das Bajjar im Februar diesen Jahres nach Großbritannien kam und er offenbar im Kofferraum eines Autos einer britischen Frau ins Land geschleust wurde - einer weiteren Freiwilligen bei Care4Calais.
Als er erst einmal da war veröffentlichte er bei Facebook fröhlich ein Video von einem Strassenmusiker in der Mitte Londons und schrieb dazu, dass er "ihm 10 Pfund geben musste, weil er kein Wechselgeld dabei hatte". Einer seiner Freunde antwortete:
"Du Kimo [sic] in London jetzt, wahoo."
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Während er bei der 30 Jahre alten Frau in London wohnte besuchte er auch das Haus seiner Ehefrau in Manchester - ganz so als wäre die Geschichte noch nicht verrückt genug. Im Jahr 2014 nämlich, kurz bevor seine Odysee durch Europa begann, heiratete er in Tunesien Carol Hutchings.
Frau Hutchings, 54, lernte Bajjar im Urlaub 2009 in einem Nachtclub kennen. [Bajjar war damals 19 oder 20 Jahre alt; d.Ü.] Über Skype blieben sie in Kontakt und heirateten dann im März 2014 in Sousse.
Als sie aber begriff, dass Bajjar nur hinter ihrem Geld her war weigerte sie sich, ihm dabei zu helfen, nach Großbritannien zu gelangen. Und als sie mitbekam, dass er sich als syrischer Flüchtling ausgab war sie regelrecht entsetzt.
Ende Mai reiste er dann nach Calais zurück, wobei er wieder von der 30 Jahre alten Frau geschmuggelt wurde, die ihm davor auch schon half.
Laut einer unserer Quellen wurde die Frau drei Tage lang von der französischen Polizei wegen des Verdachts auf Terrorismus festgehalten und verhört, dann aber ohne Anzeige entlassen.
Drei Tage danach griff Bajjar das Lager von Care4Calais an. Verständlicherweise meint die Flüchtlingshelferin, dass sie nichts mehr mit Bajjar zu tun haben will, da klar ist, dass er alles andere als ein hilfloser Flüchtling ist.
Tatsächlich stammt er aus einer Mittelschichtsfamilie, der in Sousse ein Basar gehört, der nicht weit entfernt liegt von jenem Ressort, wo ein Terrorist 2015 30 britische Touristen umbrachte. Seine Eltern bauen derzeit in der Stadt ein vielstöckiges Hochhaus.
Bajjar verliess Tunesien im September 2014. Laut Frau Hutchings gaben ihm seine Eltern 3.000 Euro für eine Überfahrt in einem Fischerboot von Tunesien nach Palermo in Sizilien, wo er vier Monate lang bei seiner Schwester lebte.
Das nächste Mal, als er Frau Hutchings kontaktierte war er in Deutschland, wo er Sozialhilfe erhielt, weil er sich als Syrer ausgab, während er gleichzeitig hinter der polnischen Grenze in einer Coca-Cola Fabrik arbeitete.
Irgendwann aber fanden die deutschen Behörden heraus, dass Bajjar ein Tunesier war - jeder in Tunesien, der über 16 ist muss einen Fingerabdruck abgeben und man konnte seinen erfolgreich abgleichen.
Im Juli 2015, kurz vor seine Abschiebung verliess er dann Hamburg und machte sich auf nach Calais, wo er nur Tage danach ankam, als David Cameron es verurteilte, Migranten zu beschreiben als:
"Ein Schwarm Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben über das Mittelmeer kommen und nach Großbritannien wollen."
Dort hat er dann Frau Moseley kennengelent, eine ambitionierte Bilanzprüferin, die bei Kanzleien wie Ernst&Young und Deloitte arbeitete und nebenher immer auch karitativ tätig war.
Lange war sie eine Freiwillie des Prince's Trust und beriet Unternehmensgründer kostenlos.
Sie hat einmal über den Augenblick geschrieben, in dem sie beschloss ihr bequemes Leben in Mereyside, einem Vorort von Heswall, gegen das Leben im Dschungel von Calais einzutauschen. Sie sagte, in diesem Augenblick saß sie gerade im Bett ihres 1 Million Euro teuren Fünf-Zimmer Hauses, in dem sie mit Ehemann Ben lebt. Sie schrieb:
"Männer, Frauen und Kinder riskieren ihr Leben, um nach Westeuropa zu gelangen und viele sterben dabei.
Mein Ehemann kam hoch zu mir und sah mich weinen. Ich fühlte mich hilflos und wütend."
Innerhalb von Tagen füllte sie ihr Auto mit Kleidung und machte sich auf zum Dschungel, wo auch Bajjar sich bereits breitmachte. Sie engagierte sich erst bei der französischen Organisation L'Auberge des Migrants, beschloss aber nach einigen Wochen, eine eigene Hilfsorganisation aus der Taufe zu heben.
Care4Calais nahm im November 2015 seine Arbeit auf und verwandelte Frau Moseley übernacht in einen Medienstar.
Hochrangige Besucher fuhren nach Calais, um die Arbeit der Hilfsorganisation hautnah zu erleben umfassten Popstars wie will.i.am, sowie die Schatteninnenministerin Diane Abbot und die ehemalige Schattenaußenministerin Yvette Cooper [beide Labour; d.Ü.].
Frau Moseley wurde vom Guardian zu "einer von sechs Frauen, die 2015 bestimmten" erklärt, allerdings gingen die Kontroversen nie weg. Im Januar 2016, nachdem es durch Migranten eine Reihe von Angriffen auf LKW Fahrer gab verursachte sie einen Aufschei als sie sagte, dass "es nicht das Ende der Welt sei", wenn die Fahrer dadurch ihre Stelle verlieren und sich einen neuen Beruf suchen müssen. Später entschuldigte sie sich dafür.
Im Oktober 2016 musste sie sich erneut entschuldigen für das Vergleichen der Behandlung von Asylbewerbern durch die französischen Behörden mit dem Leiden der Juden unter den Nazis.
Auch im Dschungel von Calais selbst sorgte sie für Ärger, wo ihr andere Freiwillige vorwarfen, dass Frau Moseles auf einem Egotrip sei und bezeichneten ihre Organisation als "Clare4Calais".
Den größten Aufschrei aber verursachte die Enthüllung ihrer Beziehung zu Bajjar, vor allem wegen der "Nulltoleranz" von Care4Calais hinsichtlich der Beziehungen zwischen Freiwilligen und Flüchtlingen.
Laut ehemaligen Freiwilligen war die Affäre allseits bekannt, wobei das Paar in Calais angeblich sogar zusammen in eine Wohnung gezogen sein soll. Als die Beziehung aber in die Brüche ging, beschwerte sich Bajjar darüber, dass Frau Moseley ihn nur benutzt habe. Carol Hutchings sagte:
"Als er mich im April besuchen kam sagte er, dass Clare ihn zerstört habe. Ich warnte mehrere Personen von Care4Calais vor ihm und schickte auch Clare eine Nachricht, allerdings hörte keiner auf mich."
Frau Hutchings, die noch immer mit Bajjar verheiratet ist, hat nun seine tunesische Geburtsurkunde, seinen Führerschein und seinen Personalausweis, die er bei seiner Rückkehr nach Frankreich letzten Monat zurückgelassen hat.
Während seines Aufenthalts in Großbritannien kontaktierte Bajjar diese Zeitung und behauptete, dass ihm Beweise vorliegen, wonach die Freiwilligen von Care4Calais reglmässig Migranten wie ihn nach Großbritannien schmuggeln. Er bestand darauf, dass er Care4Calais gründete und ihm die Hilfsorganisation von Frau Moseley weggenommen wurde. Er sagte:
"Es wird die größte Geschichte der Welt."
Allerdings legte es jenseits seiner eigenen Anwesenheit in Großbritannien keine weiteren Beweise auf den Tisch.
Er gab die Kopie einer Nachricht weiter, von der er behauptete, dass er sie im März diesen Jahres von Frau Moseley erhielt:
"Ich rate dir, Großbritannien zu verlassen, denn ich werde alles unternehmen, um dir wehzutun. Du hast keine Freunde mehr und du weisst das auch. Du scheiss Versager [sic]."
Auch wenn die Daily Mail die E-Mail nicht verifizieren kann, so scheint die Absenderadresse offenbar zu Frau Moseley gehören. Sie wollte keinen Kommentar dazu abgeben.
Die für die Regulierung von registrierten Hilfsorganisationen in England und Wales zuständige Wohltätigkeitskommission überwachte Care4Calais dieses Jahr im Rahmen einer Kontrolle für neue Organisationen.
Das Ergebnis war, dass sie "die Träuhänder ihre rechtlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten erfüllen" und es wurden "keine Indizien gefunden, dass die Hilfsorganisation das Gesetz bricht".
Ironischerweise wurden die Aktivitäten von Care4Calais just zu einer Zeit ausgesetzt, in der andere noch immer in Nordfrankreich aktive Hilfsorganisationen warnen, dass die Flüchtlingskrise erneut eskaliert.
Seitdem der Dschungel von Calais im vergangenen Jahr platt gemacht wurde und etwa 10.000 Migranten umverteilt wurden gab es ein stetiges Tröpfeln von Rückkehrern. Die Freiwilligen sagen, dass ihre Zahl bis Ende Sommer wieder bei 1.000 liegen wird.
Letzte Woche konnte die Daily Mail in Calais etwa 300 Flüchtlinge beobachten, wie sie jede Nacht eine Schlange bilden, um von den Organisationen, darunter L'Auberge des Migrants und Help Migrants, ein Essen ausgehändigt zu bekommen. Loan, ein 20 Jahre alter Freiwilliger von L'Auberge des Migrants sagte:
"Das Problem ist, dass sich Care4Calais nicht mit den anderen Gruppen koordiniert. Wir haben nichts mit ihnen zusammen gemacht. Ich habe gehört, dass Care4Calais zumacht, dachte aber, das sei nur für ein paar Tage. Ich begriff erst gar nicht, für wie lange es sein würde."
Eine britische Freiwillige von Help Refuges sagte währenddessen:
"Jeder wusste von der Beziehung zwischen 'Kimo' und Frau Moseley."
Angesichts der Ereignisse in den letzten vierzehn Tage ist es nicht allzu verwunderlich, dass sich Care4Calais dazu entschloss, die Pforten eine Weile zu schliessen. Diese Woche sagte eine Sprecherin gegenüber der Daily Mail:
"Auch wenn es einen versuchten Angriff auf unser Gelände in Calais gab, so war das nicht der Grund für das Einstellen der Aktivitäten, da die fragliche Person von der Polizei verhaftet wurde und so weit wir wissen im Gefängnis sitzt.
Clare arbeitete eine lange Zeit extrem hart. Sie gehört noch immer bei der Organisation, entschied sich aber, dass es notwendig ist, etwas langsamer zu machen, weil sie mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen möchte und sie unterzieht sich auch einer Behandlung wegen einer ernsten Wirbelsäulenerkrankung.
Die Verantwortlichen fühlen, dass eine vorübergehende Schliessung angemessen ist."
Das allerdings wird frisch in Calais ankommenden Freiwilligen wenig helfen, die sich mit Taschen voller Spenden oder der Hoffnung, helfen zu können auf in Richtung des Lagerhauses machen.
Und es ist auch nur ein geringer Trost für all jene, die der Hilfsorganisation selbstlos gespendet haben, weil ihnen die tumultartigen internen Geschichten nicht bekannt waren.
Im Original: How British charity boss who fell for a bogus Calais refugee is in fear of her life: Married volunteer travelled to the Jungle to help migrants... but ended up having a fling with a 'Syrian' who later tried to burn down her HQ
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