Die Financial Times (FT) teilte mit, dass sie glauben, den Grund für den schockierenden und plötzlichen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Katar und seinen Nachbarn am Golf zu kennen. Laut FT soll die Beendigung jeglicher diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen durch Saudi Arabien und dessen Verbündete erfolgt sein, weil Katar bis zu 1 Milliarde Dollar an den Iran und Ableger von Al-Kaida bezahlte, um "Mitglieder der königlichen Familie freizukaufen, die im Irak entführt wurden, als sie einen Jagdausflug machten, wie Personen mitteilen, die in die Lösegeldzahlung involviert waren"; der geheime Handel war angeblich einer der finalen Auslöser für die dramatische Entscheidung der Golfstaaten, ihre Verbindungen zu Katar zu kappen. Die Details lauten wiefolgt:
"Etwa 700 Millionen Dollar wurden sowohl an iranische Mittler und regionale schiitische Milizen gezahlt, die von diesen unterstützt werden, wie regionale Regierungsvertreter meinten. Hinzu kommen 200-300 Millionen Dollar, die an islamistische Gruppen in Syrien gingen, davon das meiste an Tahrir al-Sham, einer Gruppe mit Verbindungen zu Al-Kaida."
Ein regionaler arabischer Offizieller sagte, insgesamt sei die an die Dschihadisten gegangene Summe eher in der Nähe von 300 Millionen Dollar anzusiedeln. Er sagte:
"Zählt man dieses Geld zu den 700 Millionen Dollar hinzu, die sie dem Iran und dessen Stellvertretern gezahlt haben, dann hat Katar insgesamt rund eine Milliarde Dollar für diesen wahnwitzigen Handel ausgegeben."
Die schiitischen Milizenkommandeure im Irak, die alle vom Iran unterstützt werden sagten, dass der Iran ihres Wissens nach etwa 400 Millionen Dollar einbehielt, nachdem sie eine anteilige Zahlung erhielten, deren Höhe sie nicht bekannt geben möchten. Der Grund, weshalb sie einige Details des Handels an die Öffentlichkeit gaben ist, dass sie unzufrieden mit ihrem Lösegeldanteil sind. Ein Mitglied einer der vom Iran unterstützten Milizen im Irak meinte:
"Sie [die Iraner] haben den Löwenanteil kassiert. Das hat einige von uns verärgert, da das so nicht abgemacht war."
Laut eines Beobachters am Golf hat diese "Lösegeldzahlung das Fass für Saudi Arabien zum überlaufen gebracht.
Nicht verwechselt werden darf diese Zahlung mit dem heimlichen Transport von 1,7 Milliarden Dollar an Bargeld nach Tehran durch die Obamaregierung, um fünf US Geiseln, die im Iran festgehalten wurden freizukaufen, wobei laut FT die Kommandeure der Milizen und Regierungsoffizielle in der Region der FT mitteilten, dass "Doha das Geld für eine gesicherte Freilassung von 26 Mitgliedern einer katarischen Jagdgruppe bezahlte, die im Südirak von Dschihadisten aus Syrien gemeinsam mit 50 Militanten gefangen genommen wurden."
Laut deren Version der Geschichte zahlte Katar das Geld in einem Schwung an zwei der berüchtigsten Kräfte im Mittleren Osten: einen Al-Kaida Ableger, der in Syrien kämpft und an iranische Sicherheitsoffizielle.
Immerhin schnitt Katar damit besser ab als die USA, da sie pro Geisel 38 Millionen Dollar bezahlten, während die Obamaregierung pro Kopf 340 Millionen Dollar ausgab, um die fünf US Geiseln freizukaufen.
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Auch wenn es keine offiziellen Beweise gibt, so fügt die FT an, dass der im April abgeschlossene Handel bei Katars Nachbarn die Befürchtungen intensivierte hinsichtlich der Rolle, die das kleine erdgasreiche Land in der konfliktgeladenen Region voller bitterer Rivalen innehat, was in diesem Fall leicht verwirrend sein könnte: Immerhin war es seit den Podesta E-Mails bekannt, dass das Außenministerium wusste, dass sowohl Saudi Arabien als auch Katar die beiden wichtigsten Finanzquellen des Islamischen Staates und verschiedener Dschihadistengruppen in der Region sind. In einem Artikel vom Oktober 2016 schrieben wir:
Eine enthüllte E-Mail vom 17. August 2014, die Hillary Clinton an ihren aktuellen Kampagnenmanger John Podesta schickte, der damals auch Barack Obama beriet, gab sie zu, dass Katar und Saudi Arabien "heimlich finanziell und logistische Unterstützung für den IS und andere radikale sunnitische Gruppen in der Region leisten".
Die E-Mail, die nur wenige Tage nach dem Beginn einer "vorübergehenden" Serie von US Luftangriffen auf Syrien geschrieben wurde, die nun schon zwei Jahre andauern, beinhalten einen 8 Punkte Plan mit Ideen, wie der IS im Irak und Syrien geschlagen werden kann. In Clintons E-Mail stand, dass die Vereinigten Staaten "militärische Operationen gegen diese irregulären aber entschlossenen Kräfte" beginnen sollte, indem sie "in Verbindung mit Luftangriffen und verbündeten Gruppen vor Ort [wie etwa den kurdischen Kräften] geheimdienstliche Mittel und Spezialeinheiten umfassend einsetzen".
Nachdem die Rolle von Katar und Saudi Arabien bestätigt war stellte Hillary fest, dass "wir unsere diplomatischen und traditionelleren Geheimdienstmittel einsetzen müssen, um die Regierungen von Katar und Saudi Arabien unter Druck zu setzen" und empfahl, die US Unterstützung für die kurdischen Regionalregierung (KRG) zu verstärken. "Die Kataris und Saudis werden in eine Position geschoben, in der sie ihren Wettbewerb um die Dominanz der sunnitischen Welt und den Konsequenzen von ernstem Druck durch die USA ausgleichen müssen. [..]"
Es schien, die Enthüllungen aus dem letzten Jahr waren eine "Neuigkeit" für Saudi Arabien - die andere genannte Finanzquelle des IS - und "so haben am Montag Saudi Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain den außergewöhnlichen Schritt unternommen und ihre diplomatischen und Transportverbindungen nach Katar abgebrochen, weil Katar angeblich den Extremismus und Terrorismus anheizt."
Die FT merkt dazu auch an, dass "Doha verneint, dass es Terrorgruppen unterstützt und lehnte die Blockade durch die Nachbarn ab, da diese 'begründet werden mit Vorwürfen, die nicht den Tatsachen entsprechen'. Es hiess auch, dass sie nicht sofort antworten können auf Anfragen für einen Kommentar für die Lösegeldzahlung. Eine Person in der Nähe der katarischen Regierung aber gab zu, dass es zu 'Zahlungen' kam. Der Person war aber weder bekannt, wie viel Geld floss oder wohin es floss":
Doha ist in der Vergangenheit bereits auf alle möglichen kontroversen Gruppen zugegangen, von Rebellen in der sudanesischen Darfur Region, über die Taliban in Afghanistan bis hin zur Hamas in Gaza. Katar stellt sich dabei als neutraler Spieler dar, der bei regionalen Konflikten vermitteln kann. Kritiker aber, und das sind vor allem Saudi Arabien und UEA, werfen dem Land vor, es würde bei solchen Vermittlungen beide Seiten hintergehen und gleichzeitig radikale islamistische Gruppen finanzieren, wie etwa zuletzt in Libyen und Syrien. Für Dohas Kritiker war die Lösegeldzahlung ein weiterer Beweis für diese Rolle.
In einer eher amüsanten Wendung fügt eine FT Quelle - eine Figur aus der syrischen Opposition, der bereits als Mittler fungierte, als es in Syrien zu Geiselbefreiungen mit Al-Kaida kam - an, dass "wer wissen will, wie Katar die Dschihadisten finanziert, der muss sich nur die Sache mit den Lösegeldzahlungen für die Geiseln ansehen... Das war nicht das erste Mal - seit Beginn des Krieges gab es schon eine ganze Serie davon":
Der Mann, der mit der FT sprach sagte, dass der Handel zeigt, wie Katar die Lösegeldzahlungen systematisch dazu verwendet, um Dschihadisten in Syrien zu finanzieren. Für dessen Nachbarn am Golf besteht das viel größtere Problem aber darin, dass Doha ihren regionalen Hauptrivalen Iran finanzierte, denen sie vorwerfen, die Konflikte in der arabischen Welt anzuheizen.
Diese ganze Geschichte begann, als eine vom Iran unterstützte irakische Schiitenmiliz namens Kata'eb Hizbollah im Dezember 2015 die Kataris entführte. Drei iraktische Milizenanführer sagen, dass die Geiseln im Iran festgehalten wurden.
Kata'eb Hizbollah ist eine irakische Gruppe, steht aber mit der libanesischen Hizbollah in Verbindung, dem wichtigsten Stellvertreter des Iran in der Region. Letztere hilft dem Iran dabei, im nun sechs Jahre dauernden Konflikt in Syrien Präsident Bashar al-Assad zu stützen.
Es wird aber noch besser: Die Geiseltransaktion steht laut FT Quellen - "syrische Rebellen und Diplomaten" - auch in Verbindung mit einer anderen Vereinbarung vom März 2017, bei der es um die Evakuierung von vier belagerten Orten in Syrien ging - zwei davon wurden von Dschihadisten belagert und zwei von Schiitenmilizen. Ein westlicher Diplomat sagte, das Arrangement bot Katar einen Vorwand, um die Lösegeldzahlung zu "tarnen". Er sagte:
"Iran und Katar suchten lange nach einer Tarnung für die Lösegeldzahlung und schliesslich fanden sie auch eine."
Laut zwei Oppositionellen mit engem Kontakt zu den beiden ausbezahlten Gruppen nutzte Katar die Evakuierungszahlung, um 120-140 Millionen Dollar an Tahrir al-Sham fliessen zu lassen. Weitere 80 Millionen Dollar meinten sie ging an die Islamistengruppe Ahrar al-Sham. Ein syrischer Rebellenkommanduer, der Details zu den Zahlungen preisgab, aber anonym bleiben wollte sagte:
"Die Kataris zahlen alles und jeden, nur wo soll das enden? Alles, was sie bislang brachten war unser Ruin."
Zurück zur Analogie mit dem Abwurf von Bargeld über dem Iran durch die Obamaregierung - also den 400 Millionen bis 1,7 Millarden Dollar - da es dieses Mal nicht allzu viel anders gewesen zu sein scheint:
Ein weiteres verwirrendes Kapitel des Handels ist der irakische Ministerpräsident Haidar al-Abadi, der im April verkündete, seine Regierung hätte hunderte Millionen Dollar konfisziert, von denen irakische Offizielle sagten, es sei "illegal" mit katarischen Flugzeugen eingeflogen worden. Es ist unklar, ob das Geld zu den oben genannten Summen gehört, oder ob es sich um eine extra Zahlung handelt.
Das beste daran: "Das Geld wurde in Koffern transportiert, können Sie sich das vorstellen?" so ein führender Offizieller.
Und während Katar zum Sündenbock wird für die Finanzierung von Al-Kaida und den IS - etwas das seit Jahren bekannt ist - gilt es eine Frage zu beantworten: Bedeutet dies etwa, dass Saudi Arabien - ein weiterer chronischer Terrorunterstützer in der Region und weltweit - aus dem Schneider ist? Angesichts von Saudi Arabiens Mitschuld am Aufkommen des IS wäre es höchst problematisch, wobei es aber heisst, dass sie dies angeblich nur gemacht haben als Reaktion auf Obamas desaströse Politik in der Region. Die FT schreibt dazu:
Nachdem die irakische Stadt Mosul 2014 in einem Blitzkrig an den IS fiel hat sogar der respektierte saudische Außenminister und inzwischen verstorbene Prinz Saud al-Faisal beim US Außenminister John Kerry protestiert, dass "der IS unsere [sunnische] Antwort ist auf eure Unterstützung für die Da'wa," der mit Teheran verbündeten schiitisch-islamistischen Regierungspartei im Irak.
Im Original: The Shocking Trigger Behind Today's Gulf Scandal: Qatar Paid Al-Qaeda, Iran $1BN In Hostage Deal
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