Von Federico Pieraccini für www.StrategicCulture.com, 14. Mai 2017
Mit Moon Jae-Ins Sieg in Südkorea dürfte die aktuelle Phase der Spannungen auf der koranischen Halbinsel wieder zu Ende gehen. Mit dem Antritt des neuen Präsidenten dürfte Südkorea ein scharfes Abklingen der Feindseligkeiten mit Nordkorea erleben, sowie die Fortsetzung des Dialogs mit China.
Am 9. Mai wurde der erwartet Sieg in Südkorea bestätigt, wobei Moon die Präsidentschaftswahl in Südkorea gegen seine Rivalen Hong Joon-pyo (Koreanische Freiheitspartei) und Ahn Cheol-soo (Volkspartei) gewann. Nach dem Rücktritt und der Verhaftung der ehemaligen Präsidentin Park Geun-hye wegen eines massiven Korruptionsskandals hat sich die öffentliche Meinung gegeen ihre Partei und hin zum Vertreter der wichtigsten Oppositionspartei gerichtet, einem mittelinken Anwalt der sich auf humanitäre Themen spezialisiert hat.
Moon verbrachte mehrere Jahre in der Oppositionspartei, wo er für eine verstärkte Kooperation in der Region und einen Dialog mit Pjöngyang wie auch Peking eintrat und einen starken Kontrast zu Guen-Hyes Amerikafreundlichkeit bildete. Wie auch Duerte in den Philippinen beabsichtigt Moon, den Dialog mit allen Partnern fortzusetzen, um seine Möglichkeiten in der interantionalen Arena nicht einzuschränken. Dieser Ansatz reflektiert im Grunde genommen eine multipolare Weltordnung: Kooperation und Dialog mit allen Partnern, um gemeinsam Win-Win-Situationen zu erreichen.
Blickt man auf die Gesamtsituation in der Region, so scheint der Sieg eines Politikers, der ausschliesslich die Absicht zu haben scheint, eine Vereinbarung zu verhandeln und keine militärische Eskalation will, auf eine hoffnungsvolle Zukunft für China und dessen Nachbarn hinzudeuten. Das Maß an Kooperation und Handel zwischen Südkorea und China gehört für beide Länder gleichermaßen zum Fundament ihrer Volkswirtschaften, weshalb die Rückkehr an den Verhandlungstisch bei Themen wie der Stationierung von THAAD ein gutes Zeichen sind, das von den Wirtschaftsvertretern sowohl in China als auch Südkorea zutiefst geschätzt wird.
Die Duerte Strategie
Die Vereinigten Staaten müssen sich wieder mit einem philippinoartigen Szenario auseinandersetzen. Historisch gesehen waren Südkorea und die Philippinen immer feste Verbündete der USA, die sich mehr um Washingtons Interessen kümmerten, als um ihre eigenen nationalen Agendas. In den letzten Jahrzehnten wurden beide Länder von Politikern regiert, die penibel darauf achteten, die Sensibilitäten der politischen Entscheidungsträger in den USA nicht zu verletzten. Südkorea und die Philippinen sind das Herz von Obamas politischer Strategie genannt "Asiatischer Dreh- und Angelpunkt", bei der es sich um eine Politik der Eindämmung Chinas handelt und den Ausbau der eigenen Hegemonie in Asien.
Nachdem die Trump Regierung in den letzten Wochen ihren Fokus und ihre Drohungen gegen Nordkorea richtete, schien ein Krieg auf der Halbinsel wahrscheinlicher denn je. Mit Moons Sieg aber wurde diese Option womöglich für immer begraben. In mehreren Interviews in den Wochen vor der Wahl meinte Moon, dass ein Krieg zwischen den USA und Nordkorea eine für Südkorea unmöglich zu tragende Last sei. Moon ist sehr realistisch, wenn es um die konventionelle Abschreckung geht, über die Nordkorea verfügt, was vermutlich noch mehr für das Atomprogramm des Landes gilt.
Auch wenn Trump sagte, dass er sich mit Kim Jong-un treffen würde, so scheinen die meisten Entscheidungen von den um ihn versammelten Kriegsfalken zu stammen. Schaut man sich die ersten 100 Tage der Trump Regierung an, dann sieht man eine bemerkenswerte Abkehr von Wahlversprechen und einen großen Einfluss der von ihm ernannten Generäle, was in mehreren Teilen der Welt zu Eskalationen führte. Unterm Strich lässt sich sagen, dass sich Trumps Absichten und Worte zu einem gewissen Grad auf den US Gestus in der Region zurückführen lässt und dieser von den Generälen bestimmt wird, sowie dem inneren Zirkel der Familie. Zum Glück für die Welt haben die Testballons in Syrien und Afghanistan zu nicht allzu viel geführt, als etwa die Shayrat Luftwaffenbasis bombardiert, oder in Afghanistan eine MOAB eingesetzt wurde.
Spaltpilz THAAT
Die Stationierung des THAAD Systems wird fortgesetzt und ist Teil der aggressiven Haltung gegenüber Nordkorea. Die Botschaft der Stärke an Pjöngyang ist gerechtfertigt und angesichts des Kontextes und der Bedrohungen für das Land nach den US Provokationen nicht allzu überraschend. Die Stationierung von THAAD hat Konsequenzen, wie etwa stärkere Spannungen zwischen Südkorea und China. Moons Sieg steht dem politischen Interesse in Washington entgegen, die China isolieren wollen. Daraus erklärt sich auch die hastige Stationierung von THAAD noch vor der Präsidentschaftswahl in Südkorea, damit der mögliche Sieger Moon mit gemachten Tatsachen konfrontiert ist. Dieser erste Schritt zeigt, welche Erwartungshaltung Washington gegenüber dem neuen Präsidenten hat.
Das THAAD System wurde auch deswegen stationiert, um den frustrierendsten Punkt in den Beziehungen zwischen Seoul und Peking anzugehen: Nordkorea. Die Stationierung war ursprünglich ein Druckmittel von Washington gegen Seoul. THAAD hat alle Eigenschaften eines trojanischen Pferdes. Als Sicherheit für einen Verbündeten (Seoul) eingesetzt gegen eine Pseudobedrohung (Pjöngyang) wird es zur Waffe gegen Peking, das nun ein System nur wenige hundert Kilometer von seiner Grenze konfrontiert ist, mit dem sich Chinas strategisches Atomraketenarsenal möglicherweise neutralisieren lässt. Das US Militär beschleunigte den Aufbau von THAAD im Wissen, dass es den zukünftigen Präsidenten in eine schwierige Position bringen ürde, da die Entfernung von THAAD angesichts des amerikanischen Drucks dagegen nicht einfach wäre. Das wird dann möglicherweise auch Moons erste Herausforderung; den Abbau von THAAD als Mittel der Verständigung mit Peking, um im Gegenzug zu einer normalisierten Beziehung und Kooperation zurückzugelangen. Sollte Peking Moons gute Absicht bei der Entfernung von THAAD erkennen, dann könnten einige der Maßnahmen wieder rückgängig gemacht werden, die Peking nach der Stationierung des US Systems als Vergeltung vorgenommen hat.
Die multipolare Welt als Abhilfe
In diesem Szenario darf man nicht erwarten, dass Moons Sieg dem Ende der Unterstützung des US Verbündeten für Washington gleichkommt. Wie immer in dieser Ära des Wandels von einer unipolaren zu einer multipolaren Welt, wird der Druck entscheiden, den Washington auf Südkorea ausüben wird, ob dies alles Auswirkungen auf die Allianz der beiden Länder hat. Die Vereinigten Staaten werden die von Mattis, McMaster und Admiral Harris (dem Kommandeur der US Pazifikflotte) aufgeben müssen. Tillerson als Realist könnte der richtige Mann am richten Ort sein, um die Details mit Moon zu verhandeln. Möglicherweise könnte das Problem sogar ganz geöst werden inklusive des Nordkoreaproblems, allerdings scheint dies unwahrscheinlich, da der Tiefe Staat auf die Regierung einwirkt und will, dass Nordkorea weiterhin ein Instabilitätsfaktor in der Region bleibt.
Daher wird ein Großteil der Zukunft dieser Region abhängen von möglichen Verhandlungen über die koreanische Halbinsel zwischen Peking, Pjöngyang und Seoul, vor allem nun nach Moons Sieg. Sollten diese drei Länder es tatsächlich schaffen, eine gemeinsame Basis zu finden, auf der sie einen Ausgleich erarbeiten können, dann wird die Region deutlich profitieren. Selbstverständlich gilt es aber auch hierbei den Einfluss der Vereinigten Staaten zu beachten. Sollte Washington seine Relevanz erhalten wollen, dann sollte es den den chinesischen Eindämmungsplan über das Ausnutzen der Nordkoreaproblematik aufgeben. Sollten sie stattdessen versuchen, einen Friedensvertrag auf der Halbinsel zu sabotieren, dann wird dies Seoul nur näher an das in dem Fall hocherfreute Peking bringen.
In den letzten Jahren kam es immer mehr zu einem offenen Schlagabtausch zwischen der Alten Weltordnungskonfiguration, die auf Chaos und Zerstörung basierte und deren Hegemon in Washington saß, und der neuen multipolaren Ordnung, die sich auf Win-Win Situationen, Dialoge und ernste Zusammnarbeit konzentriert. Sollte Washington nicht akzeptieren, sich an die neuen Spielregeln zu halten, bei denen es nicht mehr länger alleine bestimmen kann, dann werden die USA am Ende nur sich selbst Schaden zufügen und viel mehr, als ihnen fremde Länder antun könnten, was die Entstehung der multipolaren Weltordnung nur beschleunigen und die alte unipolare ein für alle Mal ins Grab bringen würde.
Im Original: Major Developments Strongly Suggest the End of Unipolar World Order