Die Wälder am Amazonas speichern etwa die Hälfte des tropischen Waldkohlenstoffs und sie sind auf alle Wälder weltweit bezogen verantwortlich für etwa ein Viertel der Kohlenstoffabsorbtion aus der Atmosphäre. Im Ergebnis könnten große Verluste an Amazonaswäldern den globalen Klimawandel verschlimmern.
In der Vergangenheit haben Forscher herausgefunden, dass ein großer Teil des Amazonaswaldes anfällig ist für einen Zusammenbruch. Das entscheidende Zeichen dafür sind Satellitenbilder, die zeigen, dass Regenwald und Savannengebiete unter den selben Umweltbedingungen koexistieren. Auf nichtlineraren Dynamiken beruhende Theorien müssten entsprechend ergeben, dass beide Zustände stabil sind. Diese sogenannte Bistabilität bedeutet, dass Schocks, wie die Rodung von Wäldern oder Dürreperioden zu einem dramatischen Anstieg an Waldbränden führen kann, wodurch ein Regenwaldgebiet dauerhaft in eine Savanne verwandelt wird. Gebiete allerdings, die einen solchen Übergang erlebt haben verharren nur so lange in diesem Zustand, bis wieder genügend Regen fällt und der Druck durch menschliche Aktivitäten abnimmt, was es den Wäldern erlaubt, wieder schneller zu wachsen, als sie durch zwischenzeitliche Feuer zerstört werden.
Bert Wuyts, ein Doktorant im vierten Jahr am Zentrum für Komplexe Wissenschaft in Bristol und Hauptautor des Aufsatzes sagte:
"Ich entschied mich, die vorhanden Daten noch einmal neu anzusehen und als ich sie um die saisonalen Einflüsse bereinigt hatte und jene Orte weg liess, die vom Menschen bearbeitet werden habe entstand ein anderes Bild. Plötzlich verschwand das Phänomen der Bistabilität vollständig."
Bert, der diese Entdeckung im ersten Jahr seiner Doktorantenzeit machte hielt diese Erkenntnis für erstaunlich, weshalb er sich mit Professor Alan Champneys zusammentat, einem Theoretiker für Ingenieursmathematik, sowie Dr. Jo House, einem Experten für Landnutzungsveränderungen von der Schule für Geografie. In den letzten beiden Jahren haben sie die Erkenntnisse eingehend untersucht. Alan Champnesys, Professor für angewandte nichtlineare Mathematik fügte an:
"Als ich mich darauf einlies, Berts Dissertation zu begleiten war ich zunächst etwas unsicher, da mir die Expertise fehlt hinsichtlich der Mathematik, die es benötigt, um die auf den Satellitenfotos beobachteten Effekte zu studieren. Glücklicherweise ist Bert ein wunderbar unabhängiger Student und Jo hat vor Ort großartige Arbeit geleistet.
Ich habe erst gar nicht gemerkt, dass der Schlüssel zum Verständnis für Berts Beobachtungen im selben theoretischen Muster lag, das ich davor bereits ausgiebig verwendet hatte. Für mich zeigt das die Macht der interdisziplinären Kollaboration und auch die Vielseitigkeit für mathematische Anwendungen und die Zahlenwissenschaft als Erklärhilfe für scheinbar nichtzusammenhängende Phänomene."
Vorige Forschungsarbeiten scheinen nicht genügend die räumliche Interaktion und die Randeffekte zwischen benachbarten Gebieten berücksichtigt zu haben, was in der Natur typischerweise bei Waldbränden relevant ist. Berücksichtigt man dies, dann kommt man zu einer Reaktions-Diffusionstheorie, mit der in Physik und Chemie üblicherweise die Entstehung von räumlichen Mustern erklärt werden. Laut dieser Theorie müsste es eine scharf abgrenzbare Grenze zwischen Wald und Savanne geben, die ausschliesslich vom Klima und der Bodenbeschaffenheit abhängt.
Der Schlüssel bestand darin, die Nähe zu menschlichen Ackerbauaktivitäten als dritten Faktor einfliessen zu lassen. Wälder, die näher an Ackerbaugebieten liegen unterliegen Holzschlag und Erosion durch Feuer, die von den offen kultvierten Gebieten ausehen. Dies sorgt für eine Verschiebung der Wald-Savanne-Grenz hin zu den feuchteren Gebieten.
Die gute Nachricht dabei ist, dass so lange noch etwas Wald da ist, dann wird die Entwaldung aktuell noch bewaldeter Gebiete diese nicht dauerhaft in Savanne umwandeln. Die Erholung des Waldes in den entwaldeten Gebieten wird genau dann wieder einsetzen, sobald die menschlichen Aktivitäten dort eingestellt werden. Allerdings gibt es noch einen zweiten Mechanismus, der zu einer Bistabilität des Amazonaswaldes führen könnte, allerdings wurde dieser bei dieser Forschungsarbeit nicht berücksichtigt.
Vorige Forschungsarbeiten haben bereits mit Hilfe von Simulationen gezeigt, dass der Amazonasregenwald einen positiven Effekt auf die regionale Regenmenge haben kann. Aufgrund dieses Mechanismus könnte der Verlust an Wäldern zu vermindertem Regenfall führen, was den Waldverlust verstärken würde. Ob der Klimawandel oder die Entwaldung den Amazonaswald dauerhaft in eine Savanne umwandeln wird hängt vom Einfluss dieses zweiten Mechanismus ab und wird weiter untersucht.
Im Original: Amazon rainforest may be more resilient to deforestation than previously thought