Nun da der gewählte Präsident sein Amt antritt spricht ganz Washington darüber, wie schlimm alles enden wird. Von Paul Wood für www.Spectator.co.uk, 21. Januar 2017
Die "tödlichsten Feinde der republikanischen Regierungsform," so Alexander Hamilton, erwachsen "vor allem aus dem Interesse ausländischer Mächte, eine unrechtmässige Vertretung in unseren Räten zu erlangen. Wie könnten sie dies besser erreichen, als indem sie sich eine eigene Kreatur züchten, um diese dann zum Magistraten der Union zu machen?" Hamiltons Warnung gegen "Intrigen und Korruption", veröffentlicht 1788, erinnert einen in unheimlicher Weise an das heutige Washington, wo Donald Trumps Feinde sich zusammenreimen, er sei von Russland "beeinflusst" und wurde vom Kreml gekauft oder wird von diesem erpresst. Der neue Chefmagistrat selbst befindet sich voll im Nixonmodus, im Krieg gegen die Medien, der Geheimdienstgemeinde, dem "Establishment" und dem "faulen System" und das sogar noch jetzt, wo er das erste Mal am Schreibtisch im Oval Office Platz nehmen wird. Der Skandal - falls es einer ist - wurde inzwischen mit dem Namen "Watersportgate" versehen. Ist es daher vorstellbar, dass Trump, wie auch Nixon vor ihm, am Ende aus dem Amt gezwungen wird?
Es scheint absurd, diese Frage in der Woche der Amtseinführung bereits in den Raum zu werfen. Allerdings hat das Geheimdienstkommittee des Senats bereits angekündigt, Anhörungen durchführen zu wollen zu "Verbindungen zwischen Russland und Einzelpersonen mit Bezug auf politische Kampagnen". Der republikanische Vorsitzende des Kommittees gab eine Stellungnahme heraus, in der gesagt wird, die Untersuchung sei "überparteilich" und würde "wenn es notwendig ist, Vorladungen herausgeben, um Zeugenaussagen aufzunehmen... Das Kommittee wird der Fährte folgen, egal wo sie hinführt." Sollte sich einer von Trumps Mitarbeitern oder Freunden mit russischen Offiziellen getroffen haben, um das Hacken der US Präsidentschaftswahl zu koodinieren, dann gäbe es da ein passendes Wort: Verrat, das erste und wichtigste unter den "Verbrechen und Vergehen", das in der Verfassung als Grund für eine Anklage des Präsidenten genannt wird. Trumps Mitarbeiter aber haben verneint, dass es zu solchen Treffen kam. Und selbst wenn es Treffen gab, was wurde dort besprochen? Und sollte es dort um Angelegenheiten gegangen sein, die das Senatskommittee als problematisch einschätzt, wusste Trump davon? Was wusste der Präsident und wann wusste er es?
Wenn, wenn, wenn - eine recht lange Kette an Bedingungen. Man darf dabei nicht vergessen, dass es im Kongress - von beiden Parteien - nur wenige öffentliche Debatten zur Anklage von Trump gibt. Einer der sehr wenigen, die offen über diese Möglichkeit spricht ist Maxine Walters, eine Demokraten, wie man erwarten würde. Sie sagte dem Kabelsender MSNBC, dass Trump "Putin mit seinen Armen so eng umschlungen hat... ich glaube es nicht, ich denke auch nicht, dass das amerikanische Volk es glaubt und er wird damit auch nicht davon kommen. Wir werden gegen ihn ermitteln und herausfinden, welche Verbindungen er wirklich hat". Sie schlussfolgerte: "Lassen Sie uns nachforschen... ob wir einen Mann in das höchste Amt der freien Welt eingesetzt haben, der sich in der Geiselhaft von Putin und Russland befindet." Von einem führenden Kongressgehilfen wurde mir gesagt, dass sich andere Demokraten im Repräsentantenhaus aus taktischen Gründen zurückhalten wollen, bis die Amtseinführung abgeschlossen ist. Sie anerkennen, dass es nicht allzu viel Unterstützung gibt unter den sich in der Mehrheit befindenden Republikanern im Justizkommittee, dem Ort, wo eine Anklage für die Amtsenthebung erhoben werden müsste. (Noch) ist nicht 1974.
Ein Universitätsprofessor namens Robert Kuttner startete seine eigene Bewegung, um den Anklageprozess ins Rollen zu bringen. Er versucht, einen "unabhängigen Rat mit sehr honorigen Juristen und anderen hochrangigen Persönlichkeiten einzuberufen," um ein "fortlaufend aktualisiertes Dossier mit anklagenswerten Vergehen zu sammeln". Kuttner hofft, das Dossier (ein Wort, das derzeit in Washington umgeht) wird irgendwann an das Justizkommittee übergeben werden, um damit Anhörungen zu einer Anklage zu begründen. "Man muss ihn erst das Amt führen lassen," sagte er mir und bestätigte damit die Analyse des Kongressgehilfen. "Man muss erst sehen, welche seiner Vorhaben so aussehen, als könnten sie zu etwas anklagewürdigem für seine Präsidentschaft führen. Die Beweise müssen sich häufen... bis an den Punkt, an dem sich die republikanischen Mitglieder im Kongress genötigt sehen, etwas Distanz zu ihm aufzubauen... so war es auch bei Nixon."
Professor Kuttners Hoffnungen hängen an der Vergütungsklausel in der US Verfassung, in der festgeschrieben wurde, dass Amtsträger keine Geschenke ausländischer Staaten annehmen dürfen, es sei denn der Kongress erlaubt dies. "Trump ist unfähig, seine persönlichen Interessen von seinen Pflichten als Präsident zu trennen. Ihm fehlt schlichtweg die Impulskontrolle, die das verhindern würde."
Die Verfassungsväter nahmen an, dass die Gefahren durch Korruption seitens ausländischer Mächte so relevant seien, dass sie die Vergütungsklausel gleich in den ersten Verfassungsartikel reinschrieben. Im Hinterkopf hatten sie dabei einen berüchtigten Zwischenfall mit Benjamin Franklin, dem der König von Frankreich eine diamantbesetzte Tabakdose schenkte. Franklin brauchte erst die Erlaubnis des Kongress, um sie behalten zu dürfen.
Trumps Anwälte sagten, dass sie die Vergütungsklausel in seinem Fall für irrelevant halten. Und Trump selbst sagte nach der Wahl in einem Interview mit der New York Times, dass "das Gesetz voll auf meiner Seite steht, was bedeutet, der Präsident kann keinen Interessenkonflikt haben." In der Zwischenzeit hat er angekündigt, seine Geschäfte einem Trust zu übertragen - auch wenn dieser von seinen Söhnen geleitet wird, es sich also um alles andere, als einen Blind Trust handet, wie ihn andere Präsidenten nutzten. Seine Anwältin Sherri Dillon sagte bei der Pressekonferenz, bei der all dies besprochen wurde: "Während der gesamten Präsidentschaft von Donald Trump wird es keine neuen Verträge mehr mit dem Ausland geben. Verträge im Inland sind legal, aber sie werden einer intensiven Prüfung unterzogen."
Was aber passiert, wenn ausländische Diplomaten damit beginnen, Trumps Hotel in Washington auszubuchen? Wenn ausländische Banken seinen Unternehmen günstige Kredite geben? Wenn ausländische Unternehmen Wohnungen im Trump Tower aufkaufen? Trump hat - korrekterweise - festgestellt, dass er nur wenige Geschäftstätigkeiten in Russland hat, im Gegenzug allerdings russisches Geld in den New Yorker Immobilienmarkt fliesst (was sein Sohn Donald Junior bestätigte) und damit auch in Trumps Unternehmen.
Trumps Gegner gehen vermutlich davon aus, dass er genau das mit der Verfassung machen wird, das er angeblich russische Prostituierte mit dem Bett in der Präsidentensuite im Ritz Carlton machen liess. (Mein Mitleid an das Zimmermädchen, falls es wahr ist.) Niemand aber hat ein Sexvideo gesehen. Es ist durchaus möglich, dass es überhaupt kein Kompromat - kompromittierendes Material - gibt. Es ist auch möglich, dass man einenanderen Begriff aus der russischen Geheimdienstwelt braucht, um die Angelegenheit zu erklären: Provokatsiya - eine Provokation, oder Ente, dazu geschaffen, um den Feind zu verwirren. Letzten März erzählte mir jemand aus der US Geheimdienstgemeinde von einer anderen angeblichen Aufname, die aufzeigt, wie Kremlgelder an Trumps Geschäftspartner für dessen Wahlkampf fliessen. Angeblich soll die Aufnahme vom estnischen Geheimdienst stammen. Einer der (vielen unbewiesenen) Vorwürfe in dem Dossier, das vom ehemaligen MI6 Agent Christopher Stelle erstellt wurde, handelt von einem Treffen, von dem siene Quellen sagen, es sei von den Esten überwacht worden.
Sollte das Geheimdienstkommittee des Senats am Ende dieser Fährten nichts finden, dann wird es im Justizkommitte des Repräsentantenhauses auch keine Republikanerstimmen für Anhörungen zur Amtsenthebung geben. Sollte allerdings etwas herauskommen, dann ist alles möglich. Trump könnte sich dann ähnlich wie Nixon, darüber beschweren, dass der Kongress versucht, ein Wahlergebnis für Nichtig zu erklären. "Wenn ich jetzt abtrete," so Nixon zu seinem Kabinett, als der Druck auf ihn stieg, "dann könnte es Amerika auf den Weg zu einer parlamentarischen Regierungsform bringen, in der die Exekutive nur so lange im Amt bleibt, wie sie das Vertrauen der Legislative geniesst."
Für einige Unterstützer von Trump ist das ein nachrangiges Problem. Die gerade beliebteste Geschichte auf der rechten "Nachrichtenseite" InfoWars ist betitelt mit: "Wird die CIA Trump ermorden?" Wobei die Seite ihren Lesern rät: "Wenn Sie zu Hause sind, bereiten Sie sich einen Unterschlupf vor, um den Sturm zu überstehen", sowie "Trauen Sie nicht den Medien; und versuchen Sie zu erhanen, ob ein Putsch stattgefunden hat und die verfassungsmässige Ordnung unterwandert wurde."
InfoWars ist ein Vehikel von Alex Jones, der seinen Zuhörern über seine Radiosendung mitteilt, dass sie mit einem Militärputsch rechnen müssen. Die Beweise dafür umfassen eine Twitternachricht, bei der Rosie O'Donnell, eine linke Fernsehpersönlichkeit, die in der Vergangenheit mit Trump verfeindet war, dazu aufruft, das Kriegsrecht zu verhängen. "Ihr hört es von mir zuerst," so Jones. "Meine Damen und Herren, sie sagen offen, dass sie die Wahl annullieren wollen. Sie bereiten sich vor.. und sie sagen, wir brauchen den Nationalen Notstand, um alles wieder in Ordnung zu bringen, falls Trump eine russischer Agent ist.. Sie wollen 50 Millionen Amerikaner in Umerziehungslager stecken. Diese Leute meinen es ernst."
Witzigerweise hörte ich vor der Wahl bei einer unmissverständlich linken Cocktail Party in Washington fast das selbe. Die Gäste bestanden aus nationalen Sicherheitsintellektuellen. "Sollte Trump ins Amt kommen," sagte einer der Gäste, "dann wird das Ding mit einem Militärputsch enden. Panzer im Vorgarten des Weißen Hauses." Das war die zweite Person, die mir das auf der Party erzählte. Die Gespräche in Washinton haben fast die Qualität einer Halluzination. Die Amtsenthebung - wie weit hergeholt diese auch sein mag - ist definitiv nicht die abwägigste Idee, die in der Stadt diskutiert wird, jetzt da der 45. Präsident des Landes sein Amt antritt.
Im Original: Will Donald Trump be assassinated, ousted in a coup or just impeached?