Von Mike Shedlock für www.Mishtalk.com, 18. April 2017
Am 24. Dezember 2016 stimmten die ukrainischen Rebellen einer neuen unbegrenzten Waffenruhe zu. Es ist die neueste in einer langen Reihe an Waffenruhen, die seit dem am 5. September 2014 unterzeichneten Minsker Abkommen von keiner Seite eingehalten wurden.
Die Vereinbarung von Minsk brach im Januar 2015 in sich zusammen, als es wieder zu heftigen Kämpfen entlang der Konfliktzone kam, darunter dem internationalen Flughafen von Donetsk und in Debaltsovo. Eine neue Waffenruhe, genannt Minsk II, wurde am 12. Februar 2015 unterzeichnet.
Mink II hielt alles in allem, wenn man vom beinahe tödlichen Artilleriefeuer und immer wieder auftretenden kleinen Kommandoaktionen absieht, bei denen auf beiden Seiten insgesamt hunderte starben. Allerdings gibt es zahlreiche Anzeichen für einen neuerlichen Ausbruch größerer Feindseligkeiten.
Die Spekulation über eine neue Großoffensive stammt aus einem Eintrag vom 9. April auf der Internetseite von Alexander Khodakowski.
Dieses Plakat, das dort zu sehen ist, erinnert an einen Aufruf der Armee aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Botschaft des Plakats lautet "Schliesst euch der Volksmiliz an!".
Laut Wikipedia ist Alexander Khodakowski der Kommandeur des russlandfreundlichen Wostokbattalions, das Anfang Mai 2014 aufgestellt wurde, als es zum Einmarsch in den Donbass kam. Khodakowski ist ein ehemaliger Kommanduer der Alpha Spezialeinheit der ukrainischen Sicherheitsdienste (SBU). Während des Vorrückens in den Donbass von 2014 verliess er das ukrainische Militär und wurde zum Anführer der russlandfreundlichen "Patriotischen Donbasskräfte" im Oblast Donetsk und später (am 16. Juli 2014 ersetzte ihn Wladimir Antjufjew) Sicherheitsminister der Volkrepublik Donetsk (DNR).
Der Leser Jacob Dreizin schrieb mir per E-Mail, dass es noch weitere Anzeichen für eine mögliche Offensive gibt, darunter mehrere kriegerische Äußerungen durch ukrainische Offizielle, etwa dem Innenminister und dem Chef des Nationalen Sicherheitsrates, sowie Gerede aus den Sozialen Medien von Personen, die von sich behaupten, Anwohner in den betreffenden Gebieten zu sein und die meinen, dass es am Flugfeld von Krmatorsk (etwa 30km von der Front entfernt) unüblich intensive Bewegungen durch die ukrainische Luftwaffe gibt, was auch für andere von der Ukraine kontrollierten Gebiete im Donbass gilt.
In anderen Artikeln spricht Khodakowski von einer unüblich hohen Konzentration von ukranischem Kriegsmaterial nahe der Front und warnt, dass die Ukraine wahrscheinlich bald schon eine Offensive beginnen wird, die etwa um den 9. Mai herum siegreich beendet werden soll, da der Tag von symbolischer Bedeutung ist, weil dann nicht nur der Eurovision Songcontest beginnt (der in Kiew ausgetragen wird), sondern es in Russland und früher der Sowjet Union auch der Tag des Sieges war, wodurch Kiew mit einer kriegsentscheidenden Wende an diesem Tag auch einen psychologischen Sieg gegen die russische Regierung und alle russlandfreundlichen Ukrainer erringen würde.
Ein Khodakowski Artikel vom 10. April ist noch ominöser. Hier ein paar Absätze, die Jacob Dreizin übersetzt hat:
Was ist menschlich? Still bleiben oder über den kommenden Krieg erzählen?
Es gibt viele weitere wichtige Anzeichen, die eine vorläufige Schlussfolgerung zulassen: Der Krieg steht vor der Tür. Habe ich das Recht dies zu sagen? Ich muss.
Ich denke, dass der Feind vor Ostern nicht angreifen wird - nicht alles was uns töten kann wurde bislang an die Front verlegt. Aber der Prozess läuft. In Kramatorsk landen auf dem Militärflughafen fast täglich Kriegsflugzeuge und Helikopter. Grosskalibrige Waffen, wie die Tochka-Us [ballistische Raketen mit kurzer Reichweite, die von der Ukraine bereits 2014 verwendet wurden] kommen ebenso an. In Lugansk haben sogar die gutbetuchten OSCE [Beobachter] bestätigt, dass fast 100 schwere Kettenfahrzeuge aus ihren Kasernen beordert wurden und sich nun näher an der Front befinden. Ich denke, sie wollen für uns eine Feier am 9. Mai organisieren, damit wird wir keine dritte Parade abhalten können [in Donestk gab es 2015 und 2016 jeweils eine Parade].
Seid ein bisschen beunruhigt, der Krieg ist nicht irgendwo weit weg, sondern an den Grenzen unserer Stadt. Solltes es zu umfassenden Kämpfen kommen, dann wird es nicht so sein wie 2014. Wahrscheinlich wird kein einziger Grenzübergang in die Ukraine mehr funktionieren. Der Süden wird brennen und damit ist diese Richtung abgeschnitten. Es wird nur noch ein Weg übrig bleiben - nach Torez und Snezhnoe, und vielleicht auch nach Amvroseevka an die Grenze, wo alle, auch die Zivilisten, versuchen werden hinzukommen. Und weil sie stecken bleiben werden sind sie ein gutes Ziel für zufälliges Feuer.
Denkt erst bevor ihr handelt und passt gut auf euch auf.
Kommentare zur Sache von Igor Strelkow
Eindeutigere Kommentare kamen von Igor Strelkow, der die militärische Phase der Donbassrevolte begann, indem er am 12. April 2014 mit einer Kommandoeinheit Slaviansk einnahm und dort bis Anfang Juli 2914 die halbe kampfbereite ukrainische Armee binden konnte, was den Rebellen und ihren russischen Beratern genügend Zeit gab, um die Grenze zu sichern und in anderen Teilen von Donetsk und Lugansk zusätliche Milizen aufzustellen.
Auch wenn Strelkow im August 2014 dazu gezwungen war, nach Russland zurückzukehren (wahrscheinlich wegen Konflikten mit Khodakowski und anderen), so bleibt er im nationalistischen Russenlager ein Held und hat laut Jacob Dreizin nach wie vor gute Kontakte nach Donetsk.
Am 4. April schrieb Strelkow in den Sozialen Medien (übersetzt von Dreizin):
"Im Verlauf des nächsten Monats nehme ich an, wird es zu ernsten Entwicklungen kommen, die einen völlig unberechenbaren Ausgang haben. Ich habe ausreichende Gründe für diese Annahme. Es wird keine zusätzlichen Kommentare geben."
Am 13. April schrieb Strelkow, ohne sich auf den Eintrag vom 4. April zu beziehen, das folgende:
"In der Nähe von Donetsk gab es ein unabgestimmtes Artilleriegefecht mit Toten auf beiden Seiten. Die Konzentration ukrainischer Kräfte und das in der unmittelbaren Nähe befindliche Material steht entweder fast vollständig bereit oder steht bereits bereit. An allen drei Abschnitten der Front wurden die ukrainischen Truppen durch die Nationalgarde ersetzt. Die Luftwaffe ist an nahe der Front gelegenen Flugfeldern konzentriert. Beide Seiten warten auf Ostern. Es gibt eine Menge Gerüchte über den Beginn von grossangelegten Kämpfen, die entweder während der Feiertage oder kurz danach ausbrechen werden."
Sollte es zu wirklich umfassenen Kämpfen kommen (es wäre das erste Mal seit dem Winter 2014-15), dann blieben diese wahrscheinlich auf die ehemaligen Provinzgrenzen zwischen Donetsk und Lugansk begrenzt, da eine Ausweitung der Kämpfe jenseits der Grenzregion - wie Strelkow bei Youtube meinte - das massive Eingreifen durch Russland erfordern würde und russische Reserven eingesetzt werden müssten, was es bislang nicht gab.
Eine Verschiebung des ganzen ist möglich, falls jemand in Washington oder Europa seinen Fuss auf Kiew stellt, wie es Kanzlerin Merkel im August 2015 gemacht hat. Davon abgesehen ist aber klar, dass sich beide Seiten auf Krieg vorbereiten.
Aus der Perspektive Kiews gibt es keine bessere Zeit als jetzt, da sich der Westen bereits in der diplomatischen Kühlungsphase zu Russland befindet.
Im Original: Major Ukrainian Offensive Against the Rebels Coming Up?