Sonntag, 27. November 2016

Das ägyptische Parlament teilt dem britischen (und deutschen!) Parlament mit, dass sie aufhören sollen, den "politischen Islam" zu verteidigen



Der Außenausschuss des ägyptischen Parlaments sagt, ihr Bericht an Großbritannien und Deutschland ziele darauf ab, das in Europa und Großbritannien falsche Bild des "politischen Islam" zu korrigieren. Von Gamal Essam El-Din für www.AhramOnline.org.eg, 21. November 2016

Der Außenaussuss des ägyptischen Parlaments hat am Sonntag einen 10 Seiten starken Bericht herausgegeben, der die EU und britischen Politiker und Abgeordnete scharf angreift, da diese den "politischen Islam" verteidigen.

Der Bericht ist die Antwort auf einen Bericht des Außenausschusses im britischen Unterhaus vom 7. November, der über die Moslembruderschaft und den politischen Islam erstellt wurde und macht deutlich, dass damit nicht die juristischen Massanahmen der ägyptischen Regierung gegen die Bruderschaft und der mit ihr verundenen militanten und terroristischen Organisationen verteidigt werden sollen. Im Bericht heisst es:

"Unser Bericht ist Ausdruck unserer Verantwortlichkeit als gewählte Abgeordnete. Wir stellen uns gegen eine Gruppe, die ihre ein Jahr lang dauernde Zeit an der Macht dazu nutzte, um Ägypten in einen Religionsstaat umzuwandeln und wir möchten die wahre Bedeutung des Begriffs 'politischer Islam' erklären.

Die Moslembruderschaft versuchte, sich die Geschichte anzueignen und den ersten bürgerlichen Staat Arabiens in eine Theokratie zu verwandeln, und die sich gegenüber der menschlichen Zivilisation mit ihren Werten der Freiheit, Gleichheit und Bürgerlichkeit feindlich verhält.

Wenn Europa und der Westen die Welle des religiösen Terrorismus und die politische Übernahme des Islam bewältigen wollen, dann sollten sie ihr Verständnis aller politischen islamischen Bewegungen korrigieren, die behaupten, sie hätten eine Lizenz von Gott, um dessen Gesetze durchzusetzen und ein globales Kalifat zu errichten."

Ahmed Said, der Vorsitzende des Außenausschusses sagte am Sonntag gegenüber Journalisten, dass sich Ägyptens Parlament über eine Reihe von fürchterlichen Lügen beschwert, die in den britischen Bericht einflossen. Im ägyptischen Bericht heisst es:

"Der Bericht unseres Kommittees zielt darauf ab, diese Lügen zu enttarnen. Wir beabsichtigen, ihn den ägyptischen Botschaftern in England und Deutschland zu schicken, um gegen die Versuche mehrerer Politiker und Abgeordneter in diesen beiden Ländern vorzugehen, die das Bild des politischen Islam versuchen reinzuwaschen.
Wir wissen aus der Geschichte, dass Europa in der Lage war, sich weiterzuentwickeln und Fortschritte zu erzielen, nachdem eine Trennung von Kirche und Politik vorgenommen wurde.

Daher sind wir nun überrascht, in Europa eine neue Generation radikaler Liberaler und Progressiver zu erleben, die den politischen Islam verteidigen und damit islamistischen Bewegungen eine Deckung verschaffen, mit der sie ihre Opfermentalität überall in Europa verbreiten können, um damit einen fruchtbaren Boden für islamistische Radikale zu bereiten."

Im Bericht heisst es, dass der britische Parlamentsbericht eine sehr künstliche Interpretation des Begriffs "politischer Islam" vornimmt. Der Bericht sagt:

"Wir fragen uns, wie ein Palament, das auf der Trennung der Religion von der Politik basiert war, es gutheissen kann, dass ein Land wie Ägypten von einer theokratischen Staatsmacht regiert werden kann.

Das ist ein Rückschritt von allen demokratischen und liberalen Idealen, auf der die europäische Zivilisation begründet ist.

Das britische Parlament nahm eine sehr künstliche und marginale Trennung zwischen islamistischen Bewegungen, welche die Demokratie missbrauchen, um an die Macht zu kommen, auf der einen Seite, und islamistischen Bewegungen, die den Pfad der Gewalt und des bewaffneten Dschihad beschreiten, um Gesellschaften ihre radikale Ideologie aufzuzwingen auf der anderen Seite.

Alle Studien über politische islamische Bewegungen zeigen, dass es keine nennenswerten Unterschiede zwischen ihnen gibt und sie alle verfolgen ein Ziel - bestehend in der weltweiten Anwendung des strikten islamischen Kodex und der islamischen Scharia, sowie der grenzenlosen Ausübung des bewaffneten Dschihad gegen 'ungläubige Herrscher'.

Mit anderen Worten, diese Gruppen wollen die gesamte Welt islamisieren und sie unterscheiden sich lediglich, wann und wie diese Ziele umgesetzt werden sollen.

Während Gruppen wie die Moslembruderschaft ein Gesicht mit einer künstlich auferlegten Moderatheit zeigt, um im Westen an Boden zu gewinnen, und um die dortigen Gesellschaften zu infiltrieren, so gehen andere Gruppen den Weg der Gewalt. Beide aber sind Komplemente."

Der Bericht bechriebt die Moslembruderschaft dabei als "die Mutter aller dschihadistischen und salafistischen Bewegungen."

"Der britische Parlamentsbericht ignoriert - entweder absichtlich, oder aufgrund des Mangels an Wissen über die historischen Gegebenheiten - dass die Organisation seit ihrer Gründung im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts für die Verbreitung der radikalen islamischen Ideologie verantwortlich war, auf deren Grundlage dann später Terrororganisationen wie Al-Kaida, IS, Hamas, Ezzeddin Al-Qassam, Al-Nusra Front und Ansar Beit Al-Maqdis entstanden.

Die meisten Anführer dieser Terrororganisationen, wie etwa Ayman Al-Zawahri von Al-Kaida waren einst Mitglieder der Moslembruderschaft.

Diese Gruppe ist die Patin aller dschihadistischen und salafistischen Ideologien, die von der Wiedergründung des gegen den Westen gerichteten Kalifats träumen.

Wir zweifeln, dass die britischen Politiker und Abgeordneten über Bücher über die ideologischen Grundlagen dieser Gruppe verfügen, die gegenüber dem Westen und dem, was sie dessen 'liberale und ungläubige Kultur' nennen extrem feindlich gesinnt ist."

Um die gemachten Behauptungen zu stützen zählt der Bericht eine Reihe von politischen Morden auf, die von der Moslembruderschaft sei ihrer Gründung durch Hassan Al-Banna im Jahr 1928.

Der zweite Teil der Antwort wirft dem britischen Bericht vor, "einen großen Fehler zu machen", indem ein Vergleich gezogen wird zwischen der Erfahrung der Moslembruderschaft in Ägypten und Tunesien. Der Bericht sagt dazu:

"Die Medien und Politiker im Westen wollen Tunesien immer als ein demokratisches und inklusives Modell des Mittleren Ostens darstellen.

Das ist ein großer Fehler, da sich zeigen läst, wie Tunesien zu einem fruchtbaren Boden für islamistische Dschihadisten wurde, die in Frankreich und Europa Extremismus und Terrorismus verbreiten, wobei sich über 1.000 Tunesier - der größten Anzahl eines arabischen Landes - dem IS angeschlossen haben.

Zeigt das nicht, wie die Ideologie der Moslembruderschaft hinter der Umwandlung Tunesiens in eine Brutstätte für Dschihadisten verantwortlich war?

Nicht zu erwähnen, dass Tunesien ein kleines Land ist - es hat 11 Millionen Einwohner - und Ägypten 90 Millionen Einwohner hat und der Geburtsort der Moslembruderschaft ist, die es verstand, über acht Jahrzehnte die politische Toleranz auszunutzen, um ein umfassendes Netzwerk an Unternehmen und geheimen bewaffneten Milizen aufzubauen.

Die ägyptische Moslemruderschaft besitzt Banken, Wohltätigeitsorganisationen und erhält große Spenden von wohlhabenden Sympathisanten vom arabischen Golf und aus der ganzen islamischen Welt."

Der Bericht meint auch, dass sich die tunesische Moslembruderschaft lediglich aus taktischen Gründen auf die Demokratie einliess. Der Bericht sagt:

"Nachdem sie sahen, wie Millionen Ägypter gegen ihre Mutterorganisation revolutierten entschieden sie sich für einen taktischen Rückzug."

Der dritte Teil des Berichts widmet sich einer Erklärung der Ideologie der Moslembruderschaft und ihrer internen Strukturen, "die gegenüber allen demokratischen Werten hochgradig feindlich sind."

"Ihre Ideologie basiert auf der strikten Unterordnung unter die Prinzipien der Organisation, wobei ihre wichtigsten Ideologen, etwa Sayyid Qutb, diejenigen waren, welche die dschihadistische Ideologie entwickelten und die feststellt, dass "Demokratie gegen den Willen Gottes und gegen die islamische Scharia steht."

Im Bericht wird detailliert aufgeführt, wie "das eine Jahr der Moslembruderschaft an der Macht" war. Dazu heisst es:

"Sie nutzten den Zusammenbruch der herrschenden Partei des (ehemaligen Präsidenten) Hosni Mubarak aus, um alle bürgerlichen politischen Kräfte von der Macht zu drängen und das Land unter ihre Kontrolle zu bringen. Als Millionen gegen sie rebellierten und sie am 30. Juni 2013 von der Macht drängten, zogen sie sich wieder auf den altbekannten Opferstatus zurück und fanden damit tatsächlich Gehör beim britischen Parlament.

Ägypter stehen standhaft gegen ihre Herrschaft und werden nicht zulassen, dass ihr Land zu einem Religionsstaat wird.

Ägypter kämpfen um Leben oder Tod gegen diese Organisation, bei der es sich um die Mutter aller radikalen islamischen Bewegungen handelt."

Im Bericht steht auch, das viele der Beteiligten an den Anschlägen vom 11. September 2001 gegen die USA eine Ausbildung von alten und erfahrenen Anführern der Moslembruderschaft erhielten.

Der Bericht hebt das hervor, was es die "Ermächtigungsideologie" der Moslembruderschaft nennt, und nach der sie graduell die gesamte Welt islamisieren wollen.

Der Bericht ruft das britische Parlament und Politiker dazu auf, "die dunkle Geschichte der Moslembruderschaft" zu ergründen und ihre Informationen darüber zu verifizieren, "anstatt verdrehte Berichte über den politischen Islam anzufertigen."

"Während der Welt insgesamt bewusster wurde welche Gefahren von allen radikalen islmaischen Begungen ausgehen, so sind wir überrascht, dass sich die britischen Abgeordneten und Politiker bei dem Thema noch immer im Koma befinden, da sie nicht nur darauf bestehen, das Bild dieser Bewegungen reinzuwaschen, sondern auch die größte aller Lügen propagieren: Dass es sich dabei um eine friedliche und moderate Bewegung handelt."

Der Bericht beinhaltet einige Details zur ein Jahr lang dauernden Herrschaft des ehemaligen Präsidenten Mohamed Morsi und wie die Bruderschaft dieses Jahr nutzte, um alle politischen Kräfte zu isolieren. Es heisst:

"Für all jene im Westen, die glauben, dass islamistische Bewegungen in den politischen Prozess arabischer Länder integriert werden können, bieten wir unsere bittere Erfahrung an, um dieser Lüge ein Ende bereiten zu können."

Der Außenausschuss des britischen Unterhauses veröffentlichte seinen Bericht am 7. November, in dem die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen einer Untersuchung vom Dezember 2015 behandelt werden, die von der britischen Außen- und Commonwealth Behörde (FCO) über die Moslembruderschaft erstellt wurde.

Der FCO Bericht von 2015 kam zum Schluss, dass die Gruppe ihre zweifelhafte Haltung zur Anwendung von Gewalt und Terrorismus aufgab, um politische Veränderungen zu erreichen.

Das britische Parlamentskommittee sagte, die Untersuchung der FCO "hat das Vertrauen in die Unvoreingenommenheit der FCO unterminiert", da die Untersuchung von Sir John Jenkins, dem ehemaligen britischen Botschafter für Saudi Arabien, geleitet wurde, bei dem es sich um eine "Fehlbesetzung" handelt.


Im Original: The Egyptian Parliament Rebukes the UK Parliament on Political Islam