"Wir hätten etwas tun sollen, um sicherzustellen, dass klar ist wer gewinnt." Von Ben Kurson für www.Observer.com, 28. Oktober 2016
Am 5. September 2006 war Eli Chomsky Redakteur und Autor der Jewish Press und Hillary Clinton war gerade dabei als Senatorin wiedergewählt zu werden. Ihre Runde durch die Redaktionsbüros brachte sie auch nach Brooklyn, wo sie mit dem Redaktionsrat der Jewish Press zusammenkam.
Die Aufnahme des Gesrpächs wurde bislang nicht veröffentlicht und war nur der kleinen Gruppe damals anwesender Mitarbeiter der Jewish Press bekannt. Laut Chomsky ist seine alte Kassetenaufnahme die einzg existierende Kopie dessen, was seit 2006 niemand mehr gehört hat, bis es heute dem Observer zugespielt wurde.
Die Aufnahme dauert 45 Minuten und enthält vieles, das heute nicht mehr relevant ist, etwa eine Analyse des Wahlkampfes um die Wiederwahl von Senator Joe Liebermann in Conncticut. Alleridngs findet sich auf der Aufnahme auch die scheinbar beiläufig fallengelassene Bemerkung über die Wahlen in den von der palästinensischen Autonomiebehörde verwalteten Gebiete, die angesichts der persistenten Vorwürfe durch Clintons republikanischem Konkurrenten Donald Trump, wobach die aktuelle Präsidentschaftswahl manipuliert sei, eine neue Bedeutung erhält.
Im Gespräch mit der Jewish Press über die Wahlen des zweiten palästinensischen Gesetzesrates (dem palästinensischen Parlament) am 25. Januar beschwerte sich Clinton über das Ergebnis, weil die Hamas überlegen (74 Sitze) gewann und nicht die von den USA unterstützte Fatah (45 Sitze). Senatorin Clinton sagte:
"Ich denke nicht, dass wir in den palästinensischen Gebieten auf eine Wahl hätten bestehen sollen. Ich denke, das war ein großer Fehler.
Und da wir trotzdem auf eine Wahl drängten, dann hätten wir wenigstens etwas tun sollen, um sicherzustellen, dass klar ist wer gewinnt."
Chomsky erinnert sich noch immer, wie erstaunt er war, dass "jemand so etwas unterstützen konnte - und dann noch eine bedeutende nationale politische Akteurin - dass die USA im Ausland Wahlfälschungen betreiben sollen."
Auch als die damalige Senatorin Clinton einige fragwürdige moralische Vergleiche zog gingen die Augenbrauen der Zuhörer nach oben.
In Bezug auf die Gefangennahme von Soldaten im Kriegseinsatz - im Juni wurde der IDF Soldat Gilad Shalit von der Hamas gefangen genommen, die über einen Tunnel nach Israel eindrangen - kann Clinton gehört werden wie sie sagt:
"Und dann als, sie wissen schon, die Hamas die Terroristen schickte, wie sie wissen, durch den Tunnel nach Israel und diese dann den jungen israelischen Soldaten gefangen nahmen und töteten, nunja, die sahen das eben wie einen Wettbewerb und in diesen Kulturen, nun, da denken sie sich, die haben einen Soldaten unserer geschnappt und jetzt müssen wir uns einen von denen schnappen."
Die Gleichsetzung der Hamas, die bis heute auf der offiziellen Liste für Terrororganisationen des US Außenministeriums steht, mit dem Militär eines engen amerikanischen Verbündeten war nicht gerade das, was die Leute bei der Jewish Press zu hören erwarteten. Auf die Verwendung von "diese Kulturen" lässt einen etwas verwundert zurück.
Laut Chomsky war Clinton während des Interviews "freundlich, zugänglich und durch und durch angenehm", das eine Stunde dauerte und bei dem er, der ausführende Redakteur Jerry Greenwald, die stellvertretende Herausgeberin Naomi Klass Mauer, der Berater Dennis Rapps, sowie der leitende Redaktuer Jason Maoz anwesend waren.
Eine andere Stelle der Kassette zeigt etwas, das damals relativ unkontrovers war, aber im Angesicht des momentanen Wahlkampfes in neuem Licht erscheint - Gespräche mit Staatschefs von Ländern, zu denen keine guten Beziehungen bestehen. Clinton beispielsweise ist sehr hart im Umgang mit Russland und sie wirft Trump vor, dass er eine unangemessene Begeisterung für den starken Mann Wladimir Putin pflegt und sie macht sich darüber lustig, dass er als Präsident mit Putin "gut klarkommen" würde.
Chomsky ist auf der Aufnahme zu hören, wie er Clinton etwas fragt, das heute angesichts der sich in Syrien abspielenden Katastrophe, in welche die USA, der Iran und Russland mit reingezogen werden könnten sehr vorherwissend klingt.
"Denken Sie, dass es die Mühe wert wäre mit Syrien zu reden - und das sowohl aus der Sicht der USA wie auch aus jeder Israels?"
Clinton antwortete:
"Wissen Sie, ich bin ziemlich davon überzeugt, dass es nicht schaden kann mit den Leuten zu reden. So lange man nicht dumm genug ist und Sachen kostenlos abgibt. Ich gebe zu Bedenken, dass wir 40 Jahre lang mit der Sowjet Union redeten. Sie marschierten in Ungarn und der Tschechoslowakei ein, sie verfolgten Juden, es gab die Invasion in Afghanistan, sie destabilisierten Regierungen, sie haben 120km vor unserer Küsten Raketen stationiert und doch haben wir nie aufgehört mit ihnen zu reden."
Eine Antwort, die zeigt, wie gut sie informiert ist, aber sie zeigt auch eine Bereitschaft mit Russland zu reden, die mehr klingt wie Trump 2016 und weniger wie Clinton 2016. Kurz danach sagte sie:
"Aber wenn Sie sagen, 'die sind böse, wir sind gut und deshalb werden wir keinerlei Beziehungen pflegen,' ich denke, dann würde man eine Vielzahl an Werkzeugen aufgeben, die man am Ende aber braucht, um sie zu besiegen... Daher würde ich gerne mit ihnen [dem Feind] reden, weil ich mehr über sie wissen will. Weil, wenn ich sie besiegen will, dann muss ich etwas über sie lernen. Ich brauche unterschiedliche Werkzeuge im Umgang mit ihnen. Das ist mein Ansatz."
Ein letztes Stück mit Relevanz für den momentanen Wahlkampf dreht sich um eine Reihe von Phrasen, von denen Trump ihr vorwirft, dass sie sich weigert diese zu benutzen. Beim Gespräch über die notwendigen Schritte im Kampf gegen den Terrorismus sagte Clinton:
"Ich denke, dass es egal ist, ob man das ganze als 'islamischen Terrorismus' bezeichnet, oder als 'Islamofaschismus', Tatsache ist, dass egal welche Bezeichnung wir diesem Phänomen geben, es ist eine Bedrohung. Es ist eine globale Bedrohung. Für Europa, für Israel, für die Vereinigten Staaten.. Daher brauchen wir eine globale Antwort darauf. Es ist eine globale Bedrohung und es braucht eine globale Antwort. Das könnte auch aus einer Art Prinzipienkatalog bestehen.. Daher denke ich manchmal, dass eine globale Vision dabei hilft, so lange man sich dessen bewusst ist, dass sich unterhalb dessen eine Menge Unterschiede und Abstufungen befinden, die weiter existieren werden."
Es ist nicht klar, was sie mit der globalen Vision mit Unterschieden und Abstufungen meint, aber es wird recht klar, dass die damalige Senatoren nur fünf Jahre, nachdem ihr Bundesstaat im Zentrum der Anschläge vom 11. September stand, keine Probleme damit hatte, die Phrase "islamischer Terrorismus" zu verwenden und auch nicht die noch stärkere "Islamofaschismus", zumindest nicht bei diesem Gespräch mit der Redaktion der jüdischen Zeitung.
In einem Interview, das mit Chomsky stattfand, bevor die Aufnahme bekannt wurde, sagte er gegenüber dem Observer, das Clinton einige "seltsame und kontroverse Kommentare machte". Die Ironie der 10 Jahre alten Aufnahme, in der die Kandidatin damals Kommentare machte, die für die Wählern von heute relevant sind entging Chomsky nicht, der damals auch den Artikel über sie schrieb. Es ist seltsam genug, dass dieser mit "Hillary über Israel, den Irak und Terrorismus" betitelt war, wobei er leider nicht mehr auf der Seite JewishPress.com auffindbar ist und auch eine kurze Zusammenfassung darüber auf der Internetseite von Free Republic bietet nur einen toten Link, so dass die ganze Geschichte nicht mehr nachlesbar ist.
Chomsky teilte dem Observer mit:
"Ich ging damals zu meinen Chefs.
Die Jewish Press hatte zu der Zeit die Einstellung, dass sie niemandem gegenüber beleidigend sein wollte - selbst bei einem direkten Zitat - der eine einflussreiche Postition innehatte, da sie diese irgendwann noch einmal brauchen könnten. Meine Cheffs dachten damals, dass es keinen Nachrichtenwert hatte. Ich dagegen war überzeugt, dass dem so war und behielt die Geschichte über die Jahre im Hinterkopf."
Im Original: 2006 Audio Emerges of Hillary Clinton Proposing Rigging Palestine Election